Barmen. „Die ersten Tage war ich paralysiert“

Barmen. · Interview Thomas Drescher, Geschäftsführer der Sport-Park-Group und Betreiber des Gaskessels, über die Coronakrise.

 Thomas Drescher wünscht sich mehr Solidarität.

Thomas Drescher wünscht sich mehr Solidarität.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Thomas Drescher ist seit drei Jahrzehnten Wuppertaler Unternehmer in Sachen Sport- und Entertainment, betreibt mit seiner Sport-Park-Group fünf Fitnessstudios im Stadtgebiet, die Alte Papierfabrik in Elberfeld mit Veranstaltungsflächen, den Crazy-Jump-Trampolinpark in Vohwinkel und seit vergangenem Jahr den Gaskessel in Heckinghausen mit Gastronomie, Ausstellung und Skywalk neben dem Studio.

Herr Drescher, vor zwei Wochen mussten Sie alle ihre Unternehmungen vorerst schließen. Wie erleben sie die derzeitige Corona-Krise?

Thomas Drescher: Ich hatte das zwar schon vor Wochen kommen sehen, aber die ersten Tage war ich völlig paralysiert. Es ist natürlich ein schwieriger Schritt vom Unternehmer, der, glaube ich, ganz erfolgreich unterwegs ist, von heute auf morgen auf Null herunterzufahren. Wir haben uns immer gemessen an der Anzahl der Mitarbeiter. Wenn sie dann auf einmal vor einer schwierigen Entscheidung stehen, Mitarbeiter in die Kurzarbeit zu schicken oder entlassen zu müssen – vorläufig hoffen wir natürlich nur – dann ist das ein schwerer Einschnitt im Leben.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie in Wuppertal?

Drescher: Das muss man etwas differenzieren. Da ist einmal die Sport-Park-Group mit fünf Standorten, die auch das Crazy Jump betreibt. Das sind um die 100 Mitarbeiter, darunter viele Teilzeitkräfte und Aushilfen bei circa 40 Festangestellten. Dann gibt es mit meinem Partner die Gesellschaft, die die alte Papierfabrik betreibt, das sind etwa 110, 120 Mitarbeiter. Dazu die Gaskessel-Event GmbH mit neun Mitarbeitern.

Wie viele haben Sie in Kurzarbeit geschickt?

Drescher: Ich glaube circa 95. Wir arbeiten momentan ungefähr noch mit zwölf Mitarbeitern. Das wird sich nächste Woche weiter reduzieren, weil wir Themen abgearbeitet haben. Leider haben wir einige Aushilfen entlassen müssen, die wir aber hoffentlich, wenn es wieder besser geht, wieder einstellen können.

Welche Schritte haben Sie sonst eingeleitet?

Drescher: Wenn du von heute auf morgen gar keine Einnahmen mehr hast, drehst du an allen Schräubchen von Mitarbeitern über Energie bis zu den Zulieferern. Natürlich werden sofort Liquiditätsengpässe ermittelt, haben wir Kontakt zu den Banken aufgenommen. Fördergelder sind für uns nicht möglich, weil wir ein Mittelständler sind und mit den kleinen Förderprogrammen nicht zurecht kommen würden. Ausnahme ist die Gaskessel-Event-GmbH mit neun Mitarbeitern, für die wir 15 000 Euro Zuschuss beantragt haben. Ansonsten haben wir Liquiditäts-Darlehen beantragt.

Kommen die Banken Ihnen in dieser besonderen Situation entgegen?

Drescher: Es gibt für Unternehmen in unserer Größenordnung keine staatlichen Soforthilfen oder etwa Kredite, die zinslos wären oder sogar Negativzinsen haben. Für uns kommen ganz klar nur Kredite in Frage, die die KfW oder die NRW-Bank gemacht haben. Die Zinssätze wissen wir noch nicht ganz genau. Ich hoffe, dass sie sich im Eins-Komma-Stellenbereich bewegen werden. Wir müssen uns also auf jeden Fall zusätzlich verschulden.

Wie sind die Reaktionen Ihrer Kunden?

Drescher: Unterschiedlich. Wir haben von Unternehmen sehr positive Resonanz gehabt, die gesagt haben, wir unterstützen Sie weiter. Wir haben natürlich auch – und das ist immer auch eine persönliche Niederlage – andere Stimmen von Menschen, die sagen, ihr habt jetzt Eure Leute in Kurzarbeit geschickt und verdient weiter das Geld. Die sehen die ganzen Kostenapparate gar nicht, die real dahinter stehen. Da zeigt sich, wer solidarisch ist – überhaupt mit Unternehmen. Das betrifft ja den gesamten Sportbereich und auch andere Branchen. Ich würde sagen, die positive Resonanz überwiegt aber.

Sie versprechen Ihren Kunden, die Ausfallzeit hinten dranzuhängen?

Drescher: Das versprechen wir ihnen nicht nur, das ist bei uns in den Verträgen festgeschrieben. Die einzigen, die verlieren, sind wir. Die Liquiditätsengpässe durch ausbleibende Beiträge verschieben sich ja bei uns nur. Wer gerade gar nicht meine Freunde sind, sind die Verbraucherzentralen, die sich rühmen, wir sind für den Verbraucher da. Sehen die nicht, das sie ganze Branchen in den Ruin treiben mit der Empfehlung, Beiträge zu stoppen oder zu reduzieren? Die Vermieter und Leasinggesellschaften werden auch die Leute nicht auf einmal aus ihren Verträgen lassen. Wir halten umgekehrt solidarisch zu unseren Kunden. Wer beispielsweise in Kurzarbeit geschickt wird, dem bieten wir auch an, beitragsfreie Ruhepausen einzulegen, bis es allen wieder gut geht.

Sie haben gerade in das Projekt Gaskessel sehr viel investiert. Was bedeutet die jetzige Situation für das Projekt, das ja gerade erst angelaufen ist?

Drescher: Das ist natürlich die größte Niederlage. Wenn sie ein Unternehmen, das sie vor sieben Monaten erst eröffnet haben, komplett schließen müssen, dann bedeutet das sehr große finanzielle Rückschläge und Verluste, von denen wir noch gar nicht wissen, wie wir sie auffangen können.

Wie lange ist so ein Zustand auszuhalten?

Drescher: Maximal drei Monate.

Kann man aus einer solchen Situation für die Zukunft etwas lernen?

Drescher: Ich hoffe, dass die Menschen in Zukunft solidarischer zusammen sind, dass auch die Wirtschaft in Deutschland solidarischer zusammenarbeitet. Ich hoffe, dass unsere Gesundheitsbranche und das Bewusstsein, sich fit halten zu müssen, an Gewicht gewinnen. Sei es im Studio oder mit dem Fahrrad draußen in der Natur. Die Mentalität, immer nur auf den Preis zu achten nach dem Motto „Geiz ist geil“ könnte man erst einmal zurückstellen. Die Produktivität vielleicht mehr im eigenen Land und in Europa lassen und die Waren nicht von überall aus dieser Welt holen, weil sie dort zwei Cent günstiger sind.

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