Kultur Wuppertaler Projekt „Sigma + x“: Mit Kunst aufeinander reagieren

Wuppertal · Bei Sigma + x im Loch improvisieren fünf Künstler und schaffen eine komponierte und stimmige Schau.

 Blick in Sigma + x im Kulturzentrum Loch.

Blick in Sigma + x im Kulturzentrum Loch.

Foto: Tim Oelbermann

Ein abstraktes Bild an der Wand, streng grau und schwarz, links davor ein Blümchen in der Vase, die auf einer braunen Mauer steht. Die Szene wirkt „aus einem Guss“ – doch von nur einer Hand ist sie nicht: Im Kulturzentrum Loch fand bis Anfang Oktober das Kollektivprojekt „Sigma + x“ mit fünf (an allem) Beteiligten statt.

Eine Summe ist mit dem Titel gemeint, zu der etwas Unbestimmtes hinzukommt. Zwei Wochen lang dazu beigetragen haben die Künstler Lisa Sinan Mrozinski, Ivo Kiefer, Paul Ole Janns, Yohan Koo und David Friedrich. Kaum Zufall, dass die fünf sich gerade im „Loch“ zur Kollaboration trafen: Neben bildender Kunst und mehr ist dieser Kulturort doch gutteils für ausgewählte Livemusik bekannt. Kein Wunder also, dass „Sigma + x“ an diesem Ort stattfindet, denn man versteht sich als „zweiwöchige Improvisation“; ausdrücklich sieht sich das Schaffen zu fünft analog zum „Konzert einer Jazzband“.

„Dinge tun, und die anderen reagieren darauf.“ So allgemein beschrieb David Friedrich beim Besuch die Grundsituation. Er selbst betreibt generell Malerei und Installation. Wobei auffiel, dass im Begleittext keiner der fünf sein Genre konkreter machte und bei jedem Namen nur ein Wort stand: „Künstler.“ Bevorzugte Techniken brachte jeder aber doch ein; Yohan Koo etwa arbeitet unter anderem filmisch, von ihm stammt der einzige Beitrag aus Bewegtbild: Eine asiatisch wirkende Person in weißem Gewand schreitet stoisch über einen Weg an der Wand, der selbst, man ahnt es, nicht von Koo stammt: Lisa Mrozinski hat ihm einen orangefarbenen Streifen (Stil: Absperrband) unter die Füße geklebt. Zur von ihr vertretenen Kunst zählt ein Materialfundus, aus dem sie auch hier geschöpft hat.

In dieser Weise funktioniert das ganze Projekt. „Man setzt selbst Impulse“, nennt es Friedrich, der bei aller Freiheit auch eine Handvoll Regeln benennt. Wenn auch Kombinieren und Ergänzen im Quintett äußerst erwünscht ist: Malen soll niemand auf ein Gemälde eines anderen. Ausnahme ist eine große Leinwand im Hauptraum gleich hinterm Eingang, wo alle fünf ihre Spuren hinterlassen „dürfen“. Weitere Regel: Keine Absprache, Reagieren nur mit künstlerischen Mitteln, keine Vereinbarung. Wichtig fürs Konzept scheint aber: Es sind drei Teile. Der erste war bei der Eröffnung zu sehen (vor laut Friedrich rund hundert Besuchern), der zweite entwickelte sich darauf und stand dann seinerseits fest, und zum Abschluss wurde Teil drei fertig.

Weiterentwicklung und Konzentration auf drei Zustände

So zentral zwar für „Sigma“ die Weiterentwicklung ist, so klar konzentriert sich doch die Schau auf genau die drei Zustände. Dazu passt wohl, dass man laut Friedrich nicht beliebig aufhört: „Es kommt der Moment, da ist es fertig“, sagt der Künstler, „witzigerweise empfinden wir das oft unabhängig voneinander zur gleichen Zeit so.“

In besagte braune Mauer, erzählt Friedrich, hatte übrigens der Zufall hinein gespielt: Zur Wand unter der Fensterfront, im Loch seit Jahr und Tag bepinselt, fand sich demnach ein Eimer Farbe im fast exakt passenden Ton, der die gesamte Szene prägte. Man mag hinzufügen: „Rote Fäden“ dieser oder anderer Art sind bei „Sigma + x“ wohl auch wichtig.

Denn so spannend auch ein „work in progress“ immer ist: Um zur Schau aus Kunstobjekten zu taugen, wünscht der Betrachter sich oft stimmige Ensembles. Beim Besuch schien das gelungen – Motto: Nicht nur kollektiv, sondern auch komponiert.

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