Kultur Aus 17 Steinen entsteht ein Leben

„Cola in Kadugli“: Neues Buch von Wolf Christian von Wedel Parlow.

 Wolf Christian von Wedel Parlow.

Wolf Christian von Wedel Parlow.

Foto: ja/Wolf Christian

Die letzten Seiten offenbaren es. Hier prallen zwei unterschiedliche Lebensarten aufeinander, denen doch einmal ein ähnlicher Lebensentwurf zu Grunde lag. Titelfigur Rick von Mellen beneidet seinen alten Freund Hans. Äußerlich erkennt er ihn kaum wieder. Obwohl an Jahren jünger, ist er alt und grau, gezeichnet vom Leben. Und doch hat er Rick etwas voraus, das diesen Eifersucht verspüren lässt. Hans hat das gemacht, wovon er geträumt hat.

Ähnliche Träume hatte auch Rick in jungen Jahren. Aber sein Leben ist anders verlaufen. So wie es im Untertitel heißt „Ein Haufen hingeworfener Steine zusammengefügt zu einem Leben“, fügt Autor Wolf Christian von Wedel Parlow in seinem neuen Roman „Cola in Kadugli“ aus 17 Steinen (Kapiteln), in Gegenwart und Vergangenheit spielend, die Biografie des Protagonisten zusammen.

Doch es entsteht kein einheitliches Puzzle, kein komplettes Bild. Die Steine liegen eher wie verstreut auf dem Weg durch das Leben. Und dieser Lebenspfad verläuft nicht so gradlinig wie von Rick angedacht. Er scheitert im Grunde an seiner eigenen Selbstüberschätzung. Schon früh zeichnet sich ab, dass er für die Offizierslaufbahn nicht geeignet war, der Plan, Friedenssoldat im Libanon zu werden, kann nicht umgesetzt werden. Überschätzung auch bei seiner angestrebten Promotion, uneinsichtig ist er gegenüber Kritik.

Das erste Kapitel schrieb von Wedel Parlow bereits vor rund zwölf Jahren. „Dass das mal ein Buch werden sollte, wusste ich anfangs nicht.“ Es sind biografische Elemente, die der Autor verarbeitet. Erst Jahre später fügte er weitere Episoden aus seinem Leben hinzu. So war er mehrere Wochen in Kadugli. Im Rahmen eines Unicef-Projektes sollten um die Provinzhauptstadt Dörfer mit Wasserpumpen ausgestattet werden – ein Thema auch im Buch. Der Autor beschreibt die verlassenen Dörfer, die Jugend zieht es in die nahegelegene Stadt und die Brunnen mit ihren aufwändig zu wartenden Pumpen sind auch keine Lösung.

Eine Parallele ist
der Schauplatz Prag

Ein weiterer Schauplatz des Buches ist Prag. Hier lebt von Mellen bis kurz vor den Ereignissen des Prager Frühling im Jahr 1968. Seine Promotion findet keinen Abschluss, zu theoretisch und abgehoben von der Realität ist sein Thema, seine Ehe geht in die Brüche. In Rückblenden des Protagonisten und anderer, ihn in seinem Leben begleitenden Personen, wird sein Leben in einzelnen Episoden schlaglichtartig beleuchtet.

Auch von Wedel Parlow konnte, mithilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 1967/68 in Prag an einer Arbeit über die dortigen Wirtschaftsreformen tätig werden. Der Wirtschaftswissenschaftler arbeitete von 1966 an der Ökonomischen Hochschule in Prag und lehrte bis 2002 an der Universität Wuppertal.

Der Heimatbezug findet sich im Buch wieder. In einem Restaurant gegenüber dem Fernsehturm am Westfalenweg wird sich getroffen, nicht nur Katernberger können sich an die Lokalität erinnern. Rückblenden und Erinnerungen unterschiedlicher Beteiligter werfen Lichter auf das Leben von Mellens, ergeben in ihrer Zufälligkeit aber kein Gesamtbild. 17 hingeworfene Steine eben.

Der Roman ist im Mitteldeutschen Verlag erschienen und kostet 16 Euro.

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