Kunsthochdrei: Träume werden wahr

Von der Heydt-Museum: Was Zeichnungen und Skulpturen gemeinsam haben, zeigte die beliebte Veranstaltungsreihe in Elberfeld.

Wuppertal. Wie zeichnen Bildhauer? Sind ihre Skizzen Vorentwürfe zu Skulpturen und Plastiken? Oder sind sie eigenständige Kunstwerke? Diesen Fragen widmete sich der erste Abend der beliebten Reihe "Kunsthochdrei" anlässlich der Ausstellung "Zeichnung und Skulptur" im Von der Heydt-Museum.

Von Impressionen geht Edgar Degas aus, dessen zahlreiche Gemälde Tänzerinnen bei ihrer schweren Arbeit abbilden. Auch seine Skulptur "Ziehendes Pferd" zeigt das Tier, wie es sich beim Bewegen schwerer Lasten schräg nach vorne stemmt. Auguste Rodin lässt seinen Torso "L´homme qui marche" nicht grazil ausschreiten, die Füße sind wie aufstampfend fest mit dem Untergrund verbunden.

Rainer Maria Rilke schreibt in seiner Monografie über Rodins Zeichnungen, dass sie die stofflichen Anregungen vergessen lassen, sie verwandeln. Licht und Schatten machen Flächen lebendig. Akte zeichnet Rodin mit jagender Sicherheit. Seine Zeichnungen haben nichts Vorläufiges, sie enthalten das Endgültige der Erfahrung im raschen Umriss, in atemloser Kontur: "Er konnte sich nicht mehr irren", nachdem er in aller Stille - allein mit sich und seiner Arbeit - gereift war.

Alexander Archipenko hebt sich bewusst von Rodin ab. Seine "Schreitende" von 1912 ist eine im kubistischen Stil empfundene, maschinenähnliche figürliche Formation. Ihre Hohlräume saugen den Raum gleichsam ein. Seine konventionellen Zeichnungen dagegen zeigen wuchtige Leiber mit großem Körpervolumen.

Kurt Schwipperts Kopf "Dunja" (1959) ist in seiner runden Form einem Gefäß nachempfunden. Seine Zeichnung dazu aber beherrscht die strenge Umrisslinie im Matisse-Stil. Hintergründe fehlen meist in den Bildhauerzeichnungen. Dafür zeigen sie Objekte in mehreren Ansichten oder bedenken durch die sich verwirbelnde lineare Gestaltung die Raum-Körper-Beziehung schon mit. So sind ihre Grafiken ein "Traum, der in die Hände steigt" (Rilke).

Wie gut Ludwig van Beethovens Musik zur heroischen deutschen Kunst und ihrer Überwindung passt, beweist die Sonate c-Moll op.111 des Komponisten. Energisch und kraftvoll kommt der erste Satz daher - voller Leidenschaft und Dramatik. Wie tiefsinnig ist dagegen die Arietta des zweiten Variationensatzes: Abschiedsgeste trifft auf Ausbrüche im Forte, Friedvolles auf fließende Trillerketten.

Wenn Beethoven sein Opus 111 unter Todesahnungen schrieb, wie Thomas Mann in seinem "Doktor Faustus" darlegt, mag auch hierbei das Rilke-Wort gelten: "Er konnte sich nicht mehr irren."

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