Heinz Theodor Jüchter: Ein „Trotzkopf“ wird 75

Wuppertals früherer Kulturdezernent feiert heute Geburtstag. Er feiert auf Rügen.

Wuppertal. Wer mehr als 30 Jahre lang für die Wuppertaler Kultur einstand, sich um Bildung, Schule und Sport verdient gemacht hat, dürfte sich mit 75 Jahren entspannt zurücklehnen und die Pension genießen. Denkt man. Nicht so Heinz Theodor Jüchter.

Die Liste seiner Aktivitäten im Ruhestand ist womöglich länger als die während seiner beruflich-aktiven Zeit. 1967 hatte es den 30-Jährigen nach Wuppertal verschlagen und er gesteht: „Eigentlich bin ich ja leidenschaftlicher Norddeutscher.“ Damals wurde er nach hauptamtlicher Dozentur für Bildung und Schulabschlüsse an der Volkshochschule deren Leiter im neu eröffneten Gebäude. Kein Wunder, dass Jüchter danach den Aufbau des Landesinstituts für Schule und Weiterbildung in Düsseldorf mit organisierte, bevor er zum Wuppertaler Kulturdezernenten gewählt werden sollte. Er blieb es 20 Jahre lang, wurde dreimal wieder gewählt und ging 2000 in Pension.

Obwohl es auch in seiner Zeit Haushaltskrisen gegeben habe, sei der Spielraum doch größer gewesen als heute: „Mein Traum war, zehn Prozent des Budgets für die freie Kultur bereitzustellen. Natürlich habe ich das nicht geschafft.“ Dass er damals zusammen mit anderen SPD-Kulturdezernenten der Nachbarstädte „Mit Kultur der Krise trotzen“ wollte, brachte der Gruppe den Titel „Die Trotzköpfe“ ein: „Den kommunalpolitischen Streit habe ich nicht in guter Erinnerung, aber ich war ja als Norddeutscher immer stur und rauflustig,“ gesteht der Mann mit dem immer freundlich-amüsierten Blick.

Nicht nur deshalb hat Jüchter nach wie vor seine eigene Meinung zum Kulturfahrplan in Wuppertal: „Wir haben ein fantastisches Orchester. Die Fusions-Diskussion habe ich überhaupt nicht verstanden.“ Und: „Nicht das Opernhaus, sondern das Schauspielhaus hätte renoviert werden sollen.“ Und: „Die damalige Kooperation mit dem Gelsenkirchener Musiktheater im Revier hätte weiter entwickelt werden können.“ Dennoch attestiert er den Bühnen eine nach wie vor hohe Qualität bei kleinem Etat: „Das Schauspiel muss unbedingt erhalten bleiben.“ Für das Schauspielhaus wünscht er sich eine Lösung mit dem und für das Tanztheater Pina Bausch. Denn an die Choreografin hat Jüchter die allerbesten Erinnerungen: „Selbst Frankfurt und Paris haben es damals nicht geschafft, uns Pina Bausch abzuwerben.“

Natürlich kann jemand, der so aktiv zu Entscheidungen mit beitragen hat, nicht tatenlos bleiben: So organisiert er die „Zeitreisen“ des Kunst- und Museumsvereins, das sind fünf bis sechs Kulturreisen pro Jahr. Kultur und Bildung zusammen zu bringen, war immer Jüchters Intention. Unter der Intendanz von Gerd Leo Kuck regte er an, im Rahmen der Theaterpädagogik die ältere Generation nicht zu vergessen, und gründete 2003 den „Club Theatersilber“ für Senioren.

Offensichtlich bleibt dem Aktiv-Pensionär auch noch Zeit, Bücher zu schreiben, denn gerade wird die Neuauflage von „Wuppertal, Alt und Neu entdecken“ vorbereitet. Und: „Ich habe die Idee, ein Buch über die Kür des Älterwerdens zu schreiben, so etwas wie ein ‚Silberbuch‘.“ Ehefrau Ursula geht zwar nicht mit in jedes Theaterstück, begleitet ihn aber oft auf Reisen und den Golfplatz. Auch die drei Enkelkinder fordern ihn. Den 75. Geburtstag feiert Jüchter heute mit Familie und Freunden auf Rügen — natürlich in Norddeutschland.

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