„Momo“: Ein mutiges Mädchen besiegt die grauen Herren

Das Kinder- und Jugendtheater überzeugt mit einer einfühlsamen Inszenierung des Buch-Klassikers von Michael Ende

Wuppertal. Diese Momo hat alles: Sie ist anrührend und stark, leise und selbstbewusst, verträumt und entschieden. Elvin Karakurt ist ein absoluter Glücksgriff für die berühmte Kinderbuchfigur von Michael Ende. Und Lars Emrich schafft mit seinem versierten Ensemble des Kinder- und Jugendtheaters im Elberfelder Berufskolleg eine sehr prägnante und einfühlsame Inszenierung der inhaltsvollen Geschichte um ein Mädchen, das den Kampf gegen die Rastlosigkeit der modernen Erwachsenenwelt aufnimmt.

Die Musik von Andreas Grimm unterstreicht die Gegensätze: Anfangs erklingt zum fröhlichen Spiel der Kinder und unbeschwertem Beisammensein der Dorfbewohner eine lustige, helle Glockenspiel-Melodie. Je mehr Macht die grauen Herren mit ihren glimmenden Zigarren erhalten, desto dunkler und härter werden die Töne. Auch die bunten Projektionen an der Rückwand verschwinden immer mehr, die Bühne wird düster.

Dieses Farbenspiel spiegelt sich in der Kleidung (Noelle-Magali Wörheide/Claudia Wunder): Auffallend bunt sind zu Beginn Erwachsene und Kinder angezogen. Wer in die Hände der grauen Männer geraten ist, trägt plötzlich schwarz und grau wie diese. Laurentiu Tuturuga hat die Stufen von Momos Amphitheater so gebaut, dass die Teilstücke auch als Häuserkulisse benutzt werden können und sich im aufklappbaren Inneren die Uhren des Meister Hora verbergen.

Meister Hora (Udo Dülme) führt zu Beginn ins Stück ein und betont die Bedeutung der Zeit. Sehr liebevoll sind die einfachen Dorfbewohner gezeichnet, die sich mit wenigen Worten streiten, versöhnen und gemeinsam feiern. Tom Raczko gibt einen lebendigen, leichtfüßigen Gigi Fremdenführer und Michael Karp das Gegenstück dazu, den langsamen, schwerfälligen Beppo Straßenkehrer.

Sachte wurde die Inszenierung ins heute gezogen, statt Lochkarten lernen die Kinder Excel und spielen Nintendo. Momos Frage: „Und warum spielt ihr es dann, wenn es euch so aufregt?“, trifft sicherlich auch heute den Kern der Sache. Die Schildkröte Kassiopeia ist als Stabpuppe gestaltet und wird von Marie Speckmann nicht nur geführt, sondern auch gesprochen und mit Gesichtsausdruck versehen.

Die wunderschönen Stundenblumen versucht Lars Emrich erst gar nicht zu zeigen. Nur die eine, mit der Momo die von den grauen Herren eingefrorene Zeit befreit, wird folgerichtig als hell leuchtende Kugel mit einigen Blütenblättern dargestellt. Als am Ende die Zeit zu den Menschen zurückkehrt, nehmen sich sicherlich viele Zuschauer vor, sich zukünftig mehr Zeit zu nehmen. Denn, wie Meister Hora betont, ist das eine Frage des Herzens.

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