Kultur Börse will den gesellschaftlichen Wandel begleiten und gestalten

„Global zuhause“ hat das Haus an der Wolkenburg die nächsten Monate überschrieben.

 Der zweifache Slam-Meister und Prix-Pantheon-Gewinner Jan Philip Zymny tritt gerne in der Heimat auf. 

Der zweifache Slam-Meister und Prix-Pantheon-Gewinner Jan Philip Zymny tritt gerne in der Heimat auf. 

Foto: ja/David reisler

„Engels versus Primark“, Erzählsalon – Rap-Festival: Vielleicht nicht die wichtigsten Veranstaltungen der Börse, die das Soziokulturzentrum ab September auffährt. Doch im jetzt präsentierten Programm fürs zweite Halbjahr steht eine Auswahl wie diese für verschiedene Aspekte des Spektrums – es ist breit und kann Orientierung gebrauchen.

„Global zuhause“ hat das Haus an der Wolkenburg als grobe Linie die nächsten Monate überschrieben. „Der gesellschaftliche Wandel vollzieht sich derzeit ziemlich schnell“, sagt Leiter Lukas Hegemann. Mit seinem Team will er das begleiten, abbilden und gestalten. Migration ist dabei ein Aspekt, aber zum Kulturwandel gehört für ihn auch die Klimadebatte: „Wenn Kinder die Ideen von Fridays for Future ins Elternhaus tragen, wandelt sich auch die Familienkultur.“

Kein Wunder, dass der Klimawandel einen eigenen Block im Programm ausmacht – Motto: „die Börse 4 future“. Das beginnt mit dem Film „Taste the Waste“ am 25. September zur Frage „Wer macht aus Essen Müll?“ und mündet in zwei Vorträgen im November unter anderem zu Wirtschaft ohne Wachstumsstreben. Doch globale Ökologie und Ökonomie findet sich auch in anderen Teilen des Programms, in dem insgesamt ein klarer politischer Anspruch auffällt. Politik: Das kann im Sinne der Soziokultur eben auch dort stattfinden, wo miteinander diskutiert, Handel betrieben oder musiziert wird.

Die Textilindustrie
heute und gestern

Dazu gehört auch die eingangs zitierte Konfrontation von Friedrich Engels mit dem Textildiscounter am Döppersberg: Mit der Theaterproduktion „Vom billigen Stoff“, die in Engelsjahr 2020 zu sehen ist, widmet sich das junge Börsenensemble der Textilindustrie gestern und heute. Sie ist Teil des von Dagmar Beilmann verantworteten Sektors „junge kulturelle Bildung“, der den „Kulturrucksack“-Theaterworkshop in den Herbstferien zum Thema Gerechtigkeit umfasst. Hinzu kommt ein gemeinsames Theaterangebot mit Glanzstoff, der Akademie der inklusiven Künste. Und am 8. November feiert der Tanzfilm „my move my place“, das Nachfolgeprojekt von „Letters from Wuppertal“, an der Wolkenburg seine Premiere.

Die Musik ist ein
wichtiger Baustein

Der Erzählsalon (Arbeitstitel) ist ein neues Talkshow-Format und Teil der seit Herbst 2018 bestehenden Demokratiewerkstatt. Diese soll Bürger der Quartiere Hesselnberg und Südstadt vernetzen und damit nicht zuletzt fürs Gemeinwesen mobilisieren: Nicht umsonst hatte die Börse das Nachbarschaftsfest im Mai mit der Werkstatt auf den Europawahltag verlegt. Beim Talk erzählen Bewohner besagter Viertel mit Moderator Jörg Degenkolb-Değerli aus ihrem Leben. Dieser wiederum ist weiterhin Stadtteilschreiber und bringt jeden Freitag das Geschehen hier per Blog auf den Punkt. Erster Gast ist am 11. Dezember Imam Sy, gebürtiger Senegalese und selbst Mitarbeiter der Börse - doch wohl jeder Hintergrund ist spannend für den Talk.

Womit auch der Bereich Musik als weiterer wichtiger Baustein erreicht wäre: Sy organisiert an der Wolkenburg die Weltmusik, die unter dem Namen Kalimba Café etwa am 2. November der Funk-Jazz-Multistilist „Papa Africa“ zu Gehör bringt. In ihrem Genre hochkarätig sind ferner mehrere Konzerte, kuratiert von Felix Dumnick: Am 25. Oktober etwa mit den Ur-Punks „Slime“ oder am 26. Oktober mit dem erwähnten Rapfestival „Von Abseits“, initiiert von Szenegröße Prezident.

Mag dies vor allem Fans der jeweiligen Musikrichtung ansprechen, wird es mit dem Menschenrechte-Chor wieder denkbar offen und grundsätzlich: Bei der Neuauflage des Singprojekts mit Anna Luca Mohrhenn bekommen diese Rechte durchaus politisch nicht nur eine Stimme, sondern viele – und gern noch mehr, denn bei den Workshops wie am 19./20. Oktober sind neue Teilnehmende ausdrücklich erwünscht. Dass Politik vom Mitmachen lebt, mag eine Phrase sein – doch in der Soziokultur wie der Börse wird sie auch dieses Halbjahr einfallsreich ausbuchstabiert.

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