Das erste Jahr Eine Stadt mit kultureller Dynamik

Bettina Paust ist ein Jahr Leiterin des Kulturbüros Wuppertal. Zeit für einen Rückblick auf (Kennen-)Lernen, strukturelle Arbeit und grundsätzliche Fragen.

 Bettina Paust in der von ihr kuratierten Kunstausstellung Wuppertal in der Kunsthalle Barmen.

Bettina Paust in der von ihr kuratierten Kunstausstellung Wuppertal in der Kunsthalle Barmen.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Seit dem ersten Tag fühle sie sich „sauwohl“, die Wuppertaler seien offen und herzlich, sagt Bettina Paust. Seit einem guten Jahr lebt und arbeitet die promovierte Kunsthistorikerin und Kulturbüroleiterin in der Stadt, blickt auf ein arbeits- und erkenntnisreiches Jahr zurück. Lernen wollte sie, gelernt hat sie und will dies weiter tun, „täglich, mit offenen Augen und Ohren und mit einer kritisch-positiven Haltung“.

Bettina Paust ist keine Frau für halbe Sachen, sie geht die Dinge gründlich und strukturiert an. Und so führte das anfängliche Kennenlernen des Kulturbüros und seiner Mitarbeiter direkt zu grundsätzlichen Themen. „Wir haben uns gefragt, welche Aufgaben wir haben, wo wir stehen, wie wir uns weiterentwickeln können.“ Ein Klärungsprozess wurde in Gang gesetzt, der bis heute anhält, das Team zusammenschweißte und als sichtbares Zeichen im Oktober zum Relaunch der Website führt. Weil diese „der Außendarstellung dient und unsere Aufgabenfelder auf den Punkt bringt“.

Außerdem ergab sich daraus die Beschäftigung mit den Förderkriterien der freien Szene, die sorgfältig festgehalten wurden. Eine Leistungsbilanz, Basis für Fragen und Weiterentwicklung. Weil zum Beispiel offenbar wird, dass der größte Batzen der knapp 740 000 Euro des Etats in Miete und Betriebskosten gesteckt wird und die freie Szene nur einen einstelligen Prozentsatz vom Kuchen abkriegt, wie der Kulturausschuss diesen Mittwoch zur Kenntnis nehmen musste.

Bei den Veranstaltungen, die das Kulturbüro organisiert, gab es Traditionelles wie der gerade ertönte „Viertelklang“ oder die aktuell zu planenden Formate, Literaturbiennale und Kunst- Museumsnacht, die 2020 wieder anstehen, aber auch Außergewöhnliches. Die Kunstausstellung Wuppertal etwa, die erstmals seit 17 Jahren in der Barmer Kunsthalle präsentiert wurde, im Mai/Juni 1500 Besucher anlockte. „Mir ging es dabei darum, zu sehen, wie die freie Szene im Bereich der bildenden Kunst aufgestellt ist.“ Ein guter Einstieg, dessen Weiterentwicklung noch offen ist. Ein voller Erfolg sei auch das „Meinwärts“-Projekt, das unter dem Dach des Kulturbüros 15 Partner vereint, die vielfältige Veranstaltungen des Else Lasker-Schüler-Jubiläumsjahres 2019 gestalten.

Kunstausstellung Wuppertal, Kulturbericht und „Meinwärts“

Attraktives Zeugnis der kulturellen Aktivitäten in der Stadt und ihrer Dynamik ist wieder der diese Woche vorgestellte Kulturbericht, den Paust erstmals verantwortet. 20 Seiten dicker sei der Geschäftsbericht geworden als sein Vorgänger, freut sie sich, enthalte mehr Bilder und mehr Inhalt. Zum Beispiel über das Kulturbüro selbst und damit über die freie Szene, die sich erfreulicherweise immer mehr mit der institutionellen Szene verzahnt. „Wir müssen uns fragen, was der Kulturbericht sein soll und für wen er gedacht ist“, denkt Paust weiter, will ihn auch weiterhin als Geschäftsbericht betrachten, wofür es aber eines ausführlicheren Zahlenwerks bedürfe, darüber hinaus auch als Werbemedium nutzen. „Wenn wir auf der ITB (Internationale Tourismusbörse, Red.) für uns werben, dann müssen wir zeigen, wofür Kultur in Wuppertal steht und wohin wir wollen.“

Eine Fragestellung, die auch eine Kulturentwicklungsplanung verfolgen müsste, wenn sie denn angegangen würde. Der Kulturausschuss hatte Paust in seiner Junisitzung mit dem Thema beauftragt, das bei der Akquise von Landesfördergeldern helfen könnte. Und das der Erkenntnis Rechnung trägt, dass Kultur eine Stadt nicht nur lebenswerter macht, sondern auch für den Städte-Tourismus immer bedeutsamer wird. Paust machte sich kundig, erarbeitete unter anderem einen sieben Fragen umfassenden Katalog, den die Politik beantworten müsse, um Begriffe und Ziele zu klären. Eine Grundlage, die bei Entscheidungen helfen soll, denn so Paust: „Eine Kulturentwicklungsplanung ist zwar super wichtig für die Stadtentwicklung, ergibt aber nur Sinn, wenn sie strukturiert und auf gemeinsamem Konsens aufgebaut wird“.

Mit der freien Szene, Kernklientel des Kulturbüros, hat sich Bettina Paust mittlerweile vertraut gemacht, wenn sie auch das Gefühl hat, dass sie längst nicht am Ende ist, im Gegenteil „täglich Menschen kennenlernt, die mit Kultur zu tun haben“, was sie „als große Bereicherung“ empfindet. Ihr zur Seite steht ein tolles, hochmotiviertes Team, das vor kurzem um eine Volontärin vergrößert wurde und sich wie sie um weitere Vernetzungen in die Szene bemüht. „Ich bin voll mit neuen Erfahrungen, habe tolle Menschen und eine faszinierende Stadt kennengelernt.“ Das zweite Jahr hat nahtlos begonnen, 2020 wird Engels-Jahr, 2021 aber Beuys-Jahr – Beuys-Expertin Paust ist mit voller Kraft im Einsatz.

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