Buch Bauhaus, Neues Bauen und die Niederlande

Der Band „Neues Bauen im Rheinland“ des LVR-Amts für Denkmalpflege beschreibt auch vier Gebäude in Wuppertal.

 Haus Fischer ist eines der Gebäude in Wuppertal, die im Buch beschrieben werden.

Haus Fischer ist eines der Gebäude in Wuppertal, die im Buch beschrieben werden.

Foto: Bartsch,G. (b13)

Der Buchtitel „Neues Bauen im Rheinland“ lässt auf den ersten Blick nicht gerade an Wuppertal denken. Weder unter geographischen noch architekturgeschichtlichen Aspekten. Und doch kommt der gut 300 Seiten starke Beitrag des Landschaftsverbands(LVR)-Amts für Denkmalpflege im Rheinland zum Bauhausjahr um die Stadt im Tal der Wupper (natürlich) nicht herum. Er erzählt „100 Geschichten vom neuen Bauen im Rheinland“, von A wie Aachen bis W wie Wuppertal. Stellt vier Objekte, das Kaufhaus Michel (auch bekannt als Haus Fahrenkamp), Haus Grobel, Haus Fischer und die Miethausgruppe Viktoriastraße im Briller Viertel, vor.

Sven Kuhrau ist mit Birigit Groop und Marco Kieser für das Buch verantwortlich. In etwa zweijähriger Vorarbeit wählten sie die hundert Bauten aus, recherchierten und beschrieben die Objekte – mit Worten, historischem Fotomaterial, aktuellen Neuaufnahmen und Grundrissen. Nahmen auch persönliche Erkenntnisse mit. Der seit drei Jahren im Rheinland tätige wissenschaftliche Referent beim LVR-Amt, Kuhrau, lernte beispielsweise, „wie wenig doch die allgemeine Vorstellung von der modernen (Bauhaus-)Architektur im Rheinland verfängt“. Vielmehr habe das Architekturgeschehen in den benachbarten Niederlanden stark auf das Rheinland gewirkt.

Gibt es also gar keine Bauhaus-Relikte im Rheinland? In der Tat passt laut Kuhrau der Begriff „Neues Bauen“ viel besser zur „Vielfalt der im Rheinland gebauten modernen Architektur“ als der der Bauhaus-Architektur, „der gemeinhin mit einem vor allem weißen, kubischen Architekturstil gleichgesetzt“ werde. So gebe es im Rheinland oftmals Sichtbackstein, wurden zum Beispiel das Kaufhaus Michel mit dem leicht gelblichen Travertin verkleidet, wurde die Fassade des Hauses Fischer rötlich gestrichen, erhielt Haus Grobel rote und blaue Fenstergitter, was auf den Einfluss der niederländischen Architektengruppe „De Stijl“ hinweist.

Einfluss der Architektengruppe „De Stijl“ bei Haus Grobel

Außerdem, so die Buch-Autoren, sei das Rheinland in der Bauhaus-Historie erst als „Auffangbecken“ und Refugium bedeutsam geworden, nachdem die Institution in Dessau und Berlin am Ende war. In der Lackfabrik Herberts in Wuppertal agierten Heinz Rasch, Franz Krause, Willi Baumeister und Oskar Schlemmer noch bis in die NS-Zeit hinein. Damals seien die Fabrikbauten am Christbusch in Barmen entstanden.

Die im Buch beschriebenen Objekte wählten die Autoren aus, weil sie „wohlbekannte Beispiele des Neuen Bauens“ seien, „lokalen Kultcharakter“ besäßen und einen „repräsentativen Überblick über die (Bau-)Themen des Neuen Bauens“ gäben. Bei der Beschreibung ging es ihnen nicht um eine erschöpfende Darstellung, sie setzten vielmehr Akzente auf Architekt oder Bauherrn, auf Bauaufgabe oder Bauen in der NS-Zeit.

Das Kaufhaus Michel, von Emil Fahrernkamp und Georg Schäfer 1929/1930 am Wall erbaut, sei ein „erster eindeutiger Einbruch des Neuen Bauens“ in Wuppertal. Es sei ein „hervorragender Repräsentant des großstädtischen Kaufhausbaus mit einer Fassadenfläche, deren geschwungene, horizontale Bänderung Anklänge an Erich Mendelsohns Warenhausbauten“ zeige. Bei Haus Grobel, von Hans Heinz Lüttgen 1926/1927 an der Jägerhofstraße erbaut, besteche „Der Wille zu Schönheit“.

Haus Fischer, ebenfalls von Lüttgen 1926/1927 an der Rudolf-Ziersch-Straße erbaut, stehe für „Rheinische Farbenspiele“. Die Miethausgruppe, die Lüttgen 1934/1935 an dem Eckgrundstück Viktoriastraße/Von-der-Tann-Straße baute, für „Angepasste Moderne“.

Woraus zweierlei Schlüsse gezogen werden können: Das Thema hängt in Wuppertal oft mit dem Architekten Hans Heinz Lüttgen zusammen, der 1895 in Düsseldorf geboren wurde, in den 1920er Jahren zum Kreis der „Kölner Progressiven“ um Max Ernst, Franz Wilhelm Seiwert, August Sander, Heinrich Hoerle gehörte, 1939 emigrierte und 1976 in New York starb. In Wuppertal realisierte er „eine Reihe teils spektakulärer Wohnbauten“. Und, so Kuhrau weiter, dieses Bauen habe keine Mainstream-Qualitäten entwickelt, sondern bedurfte „der Förderung privater Auftraggeber“.

 » „Neues Bauen im Rheinland“; Birgit Gropp, Marco Kieser, Sven Kuhrau; LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland; herausgegeben von Landeskonservatorin Dr. Andrea Pufke; 332 Seiten; 22 Euro

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