Wuppertal Das Klavier im Wuppertaler Hauptbahnhof steht auf dem Prüfstand

Wuppertal · Dämmung oder Standortwechsel? Die Deutsche Bahn spricht von Beschwerden von Geschäftsleuten und Kunden und denkt über einen neuen Platz nach.

 Tran Nhat Khang Le ist wohl der bekannteste Nutzer des Klaviers: Sein Facebookvideo erreichte innerhalb von fünf Tagen 72000 Klicks.

Tran Nhat Khang Le ist wohl der bekannteste Nutzer des Klaviers: Sein Facebookvideo erreichte innerhalb von fünf Tagen 72000 Klicks.

Foto: JA/Fischer, Andreas H503840

Muss das Klavier im Wuppertaler Hauptbahnhof unter Umständen weichen? Die Deutsche Bahn stellt das Instrument in der Mall jedenfalls auf den Prüfstand, wie ein Sprecher auf WZ-Anfrage bestätigt. Hintergrund seien Beschwerden von Geschäftsleuten, aber auch Kunden aus den umliegenden Ladenlokalen in der Halle. Es gebe deshalb interne Überlegungen über eine Standortverlagerung. Auch sollte geprüft werden, ob es technisch möglich ist, den Schall einzudämmen. Bevor es aber zu einer Entscheidung komme, müsse man das mit der Stadt, die für alle baurechtlichen Fragen im Bezug auf die Mall zuständig sei, absprechen.

Grundsätzlich sei das Klavier, das seit November bespielt wird, „ein Symphatieträger“, so der Sprecher. Es würde gut genutzt.  Allerdings müsste die DB, die in der Mall das Hausrecht habe, auch im Sinne der Ladenbetreiber dort handeln. Nach und nach würden die Lokale bezogen, Mitte Mai eröffnet auch das Reisezentrum der Bahn — in direkter Nähe des Klaviers. „Dann müssen wir schauen, wie es läuft.“ Ein Thema seien die Arbeitsbedingungen der DB-Mitarbeiter. Denn es gebe einige kritische Stimmen, die von einer Lärmbelästigung sprechen.

Das Instrument hat eine Menge Fans gewonnen

Die Diskussion um die Zukunft des Klaviers dürfte ein ziemliches Reizthema sein. Denn seit Ende des vergangenen Jahres hat das Instrument eine große Menge Fans gewonnen. Reisende und Besucher lauschen gerne den Klängen. Gerade in den Sozialen Medien werden immer wieder Mitschnitte von „Spontan-Konzerten“ und „Flashmobs“ im Hauptbahnhof gepostet. Groß war deshalb auch kürzlich der Aufschrei, als Unbekannte den Hocker beschädigten. Mittlerweile ist der Schaden behoben, es kann wieder gespielt werden.

Doch das ist auch Fakt: Nicht immer setzen sich Leute ans Klavier, die etwas davon verstehen, wie einige Ladenmitarbeiter auf WZ-Anfrage beklagen. Von Geklimper und Krach ist die Rede. Gerade mittags, nach Schulschluss, würden sich vor allem  Kinder finden, die „einfach nur auf die Tasten kloppen“, so ein Augen- und vor allem Ohrenzeuge. Wenn man beruflich nun mal den ganzen Tag im Bahnhof zubringe, sei das schon nervig, „auch wenn ich das Klavier grundsätzlich gut finde“.

Insgesamt sind die Meinungen geteilt. Tenor: Das Spiel könne schon sehr schön sein, „es hängt eben davon ab, wer da sitzt“. Wenn das Klavier ganz verschwinden würde, „fänden wir das aber sehr schade“, sagen zwei Mitarbeiter des „Yorma‘s“, die betonen: „Wir haben uns nicht bei der Bahn beschwert.“ Ähnlich klingt es bei Rewe. Eindeutig ist dagegen die Haltung im Asia-Imbiss. „Das Klavier soll weg.“ Mehrfach hätten sich schon Kunden beklagt, die in Ruhe essen wollten. Als nicht allzu großer Fan des Klaviers outet sich auch eine Mitarbeiterin in der Kamps-Filiale.

Überrascht über die Kritik ist Markus von Blomberg von der Initiative „(M)eine Stunde für Wuppertal“, die das Instrument aufgestellt hat. „Das ist mir neu.“ Er habe selbst mit Geschäftsleuten gesprochen, die bestätigt hätten, dass das Klavier „die Atmosphäre in der Mall positiv beeinflusst“. Das sehe die Polizei, die regelmäßig auf Streife dort unterwegs ist, ähnlich. Von der DB habe er noch nichts gehört. Man werde schauen müssen, welche Möglichkeiten es gibt, den Ton des Klaviers möglicherweise zu dämpfen. Zudem setzt er auf die Soziale Kontrolle, die schon jetzt ja greife. „Als wir das Klavier aufgestellt haben, haben mir alle prognostiziert, in zehn Tagen ist das kaputt.“

Die Suche nach dem Standort hat lange gedauert

Einen neuen Standort innerhalb des Bahnhofs zu finden, dürfte indes schwierig werden. Die Suche habe lange gedauert, erinnert sich von Blomberg. Bei der Stadt will man sich offiziell nicht zum Thema äußern, weil die Bahn noch gar nicht auf die Verwaltung zugekommen sei. Allerdings habe man bislang ausgesprochen positive Rückmeldungen zum Klavier im Bahnhof erhalten, heißt es aus dem Rathaus. Der Standort neben den „Mikado-Stäben“ sei bewusst als Aktionsfläche ausgewiesen worden. Auch aus brandschutztechnischen Gründen sei er der beste Platz. Eine Verlagerung, wenn sie denn überhaupt möglich sei, würde auch nur bedeuten, dass das Instrument  von einem Laden weg näher zu einem anderen geschoben würde.

Ist denn auch der Abbau ein Thema? Dazu wollte die Deutsche Bahn nicht Stellung nehmen. Ausgeschlossen scheint es aber nicht. Denn auch wenn in vielen Bahnhöfen Europas die öffentlichen Klaviere Anklang finden — Wuppertal wäre nicht die erste Stadt, wo das Instrument wieder entfernt wird. In Hildesheim wurde das Projekt „KlaWIR am Bahnhof“ vorzeitig abgebrochen. Wie die „Allgemeine Zeitung“ im vergangenen Jahr schrieb, seien laut Bahn Passanten nicht „respektvoll“ mit dem Instrument umgegangen. Und im Wiesbadener Bahnhof war Schluss, weil „das ‚Klavier für Jedermann‘ zu viel von Menschen genutzt wurde, die besser nicht gespielt hätten“, wie der Initiator gegenüber dem Wiesbadener Kurier einräumte. Auch Zettel mit Hinweisen hätten nicht geholfen.

Ein Aus in Wuppertal würde von Blomberg nach den vielen positiven Rückmeldungen bedauern — und garantiert nicht nur er.

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