Thermomix-Streit : Keine Aufklärung über Nachfolgemodell - Kundin siegt vor Gericht
Wuppertal Eine Käuferin des Luxus-Küchengeräts Themomix hatte nachgefragt, ob ein Nachfolgemodell ansteht. Was verneint wurde. Der Hersteller Vorwerk akzeptiert einen Vergleich vor Gericht.
Die Pressemeldung der Berliner Anwaltskanzlei klingt euphorisch. Anwalt Roosbeh Karimi formuliert, als versuche er sich im Texten einer Zeitungsüberschrift: „Nach geschätzt 50 gewonnenen Verfahren kann Vorwerk das erste Verbraucher-Sensationsurteil nur durch ein vollständiges Einknicken verhindern.“
Es geht um einen Streit, der eigentlich durch ein Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 9. Januar endgültig entschieden schien: Die Auseinandersetzung um die Luxus-Küchenmaschine Thermomix. In dem vor knapp drei Wochen entschiedenen Fall hatte eine Frau sich für 1299 Euro den Thermomix TM 5 gekauft. Das war im Januar 2019. Sieben Wochen später brachte der Wuppertaler Hersteller Vorwerk das Nachfolgemodell TM 6 auf den Markt. Dieses kostet zwar mehr, nämlich 1359 Euro. Es bringt nach Angaben von Vorwerk aber auch Zusatzleistungen (siehe Infokasten).
Diese Weiterentwicklung, vielleicht aber auch das Bestreben, möglichst das neueste Modell zu besitzen, scheint für viele Kundinnen besonders wichtig zu sein. Jedenfalls gab es eine nicht bekannte Anzahl von Menschen, die sich über den Tisch gezogen fühlten, weil Vorwerk beziehungsweise dessen Verkäuferinnen ihnen gegenüber nicht mit offenen Karten gespielt hätten. In dem am 9. Januar entschiedenen Fall half das der Klägerin jedoch nichts. Die Richter urteilten, Vorwerk sei nicht verpflichtet gewesen, seine Kunden lange vorab über den geplanten Modellwechsel zu informieren. Der Hersteller habe ein berechtigtes Interesse daran gehabt, die aktuelle Produktion noch abzusetzen. Selbst wenn das neue Gerät schon in den Startlöchern gestanden habe, gebe es keine Pflicht, das Vorgängermodell als Auslaufmodell zu bezeichnen.
Rapider Preisverfall des Vorgängermodell im Internet
In dem jetzt bekannt gewordenen Fall war die Sachlage aber anders. Anwalt Karimi schildert: „Unsere Mandantin kaufte am 23. Januar 2019 nach einem obligatorischen Probekochen eine Thermomix-Küchenmaschine TM 5. Sie wusste, dass es schon bei der Einführung des TM 5 Ärger mit enttäuschten Kunden gegeben hatte, da der Wechsel vorab nicht kommuniziert worden war. Sie fragte deswegen genau nach, ob ein Produktwechsel ansteht. Nein, lautete die eindeutige Antwort.“ Die nur wenige Wochen später erfolgte Produktankündigung des TM 6 habe dann dazu geführt, dass das Vorgängermodell TM 5 schlagartig an Wert verlor. Karimi: „Anstelle der bezahlten 1300 Euro wurden Geräte schon für 700 Euro im Internet gehandelt.“ Zwar habe der Hersteller oder seine Repräsentanten in solchen Fällen nach der Rechtsprechung keine proaktive Aufklärungspflicht. Doch heiße das nicht, dass man die Verbraucher bewusst täuschen dürfe. Und hier habe die Kundin ja ausdrücklich nachgefragt, ob ein Nachfolgemodell in der Pipeline sei.
Diese Rechtsauffassung scheint sich dann wohl auch am Montag bei den Richtern abgezeichnet zu haben. Jedenfalls boten die Prozessvertreter von Vorwerk der Klägerin noch im Gerichtssaal an, dass sie statt des Vorgängermodells nun einen Thermomix TM 6 erhält. Dazu einen zusätzlichen Kochtopf und ein neues Probe-Kochabo. Alles ohne weitere Zuzahlung. Anwalt Karimi: „Auch wenn es kein Urteil, sondern ein Vergleich ist, ist es doch ein voller Erfolg für die Klägerin.“