Wirtschaft in Grevenbroich Firma verwandelt Kohle in Dünger

Grevenbroich. · Weniger Dünger auf dem Feld, besseres Grundwasser – so will es die EU. Ein Unternehmer bietet den Bauern Hilfe an.

 Aydogan Cengiz, Geschäftsführer der Firma Humintech, stellt den Bodenverbesserer Perlhumus vor.

Aydogan Cengiz, Geschäftsführer der Firma Humintech, stellt den Bodenverbesserer Perlhumus vor.

Foto: RWE Power/Klaus Görgen

Die Grevenbroicher Firma Humintech verwandelt Braunkohle in Bio-Dünger. Die Bodenverbesserer vom Pösenberg werden in mehr als 70 Länder der Erde exportiert, etwa nach Ägypten, Kuwait, China und Indien. Das Unternehmen hat jedoch nicht nur den internationalen Markt im Blick, sondern auch die heimische Landwirtschaft. Die könnte mit den Huminsäure-Produkten die Agrarwende meistern, sagt Volker Gerdelmann, Gebietsleiter für Europa.

Das Problem

Die EU-Kommission hat der neuen deutschen Düngemittelverordnung eine Absage erteilt. Was die Landwirte als existenzbedrohend empfinden, geht Brüssel noch nicht weit genug. Unabhängig davon, wie die neue Verordnung aussehen wird: Um die Nitratbelastung im Grundwasser zu reduzieren, muss weniger gedüngt werden. Gleichzeitig gilt: Weniger Stickstoff führt zu niedrigeren Erträgen. Und sind weniger Phosphate im Boden, haben es Pflanzen schwer, ihr Wachstumspotenzial auszuschöpfen.

Eine Lösung

Wie sollen Landwirte in Zukunft ausreichende Erträge erzielen, wenn sie weder das Grundwasser gefährden noch ihre Existenz aufs Spiel setzen wollen? „Auf diese Frage haben wir eine Antwort“, sagt Volker Gerdelmann. Die in Grevenbroich produzierten Bodenverbesserer auf der Basis von Huminstoffen würden Vorzüge bieten, die Bauern helfen können, wirtschaftlich zu arbeiten und gleichzeitig ihre Pflanzen und Böden zu schonen. Die beiden Vorteile aus Sicht des Unternehmens:

Was bringt das?

Die Düngemittel-Effizienz werde gesteigert. „Unsere Bodenverbesserer halten Stickstoff – etwa in Form von Nitrat – im Wurzelbereich der Pflanzen und verhindern ein Auswaschen ins Grundwasser“, sagt Gerdelmann. Ohne den Einsatz von Huminsäuren würden gerade einmal 40 Prozent des ausgebrachten Stickstoffs in der Pflanze landen – der Rest versickere ungenutzt. „Bei Phosphatdünger liegt die Ausnutzbarkeit bei nur zehn bis 20 Prozent“, so Gerdelmann. Das Boden-Pflanzen-System werde zudem belebt. Denn Huminsäuren würden eine Reihe natürlicher Prozesse in Gang setzen, die das Boden-Pflanze-System mit seinen hunderttausenden Mikroorganismen nachhaltig wiederbeleben. „Dadurch steigt die Bodenfruchtbarkeit und das Vermögen des Bodens, Nährstoffe, Wasser und Kohlendioxid zu speichern“, sagt Gerdelmann. „Die Konsequenz sind anhaltend hohe Erträge und die Ausbildung widerstandsfähiger Agrar-Ökosysteme in Zeiten des Klimawandels.“

Überzeugungsarbeit

Die Verkaufsberater von Humintech seien zurzeit in der Landwirtschaft am Niederrhein unterwegs, um Bauern für die Produkte aus Grevenbroich zu sensibilisieren. „Das Interesse und die Nachfrage sind hoch“, sagt Volker Gerdelmann.

Was sagen die Landwirte?

Da der Gesetzgeber Pflanzenschutzmittel und Wirkstoffe extrem zurücknehme, sei die Landwirtschaft interessiert an Alternativen, betont Wolfgang Wappenschmidt, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Neuss-Mönchengladbach. „Wir sind dabei, verschiedene Mittel – auch auf Algenbasis – auszuprobieren. Ob sie wirklich eine Alternative sind, hängt von der Wirkung, dem Preis und den Möglichkeiten des Einsatzes ab.“ Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer NRW meint, dass Bodenverbesserer in Einzelfällen durchaus Wirkung erzielen. „Sie lösen aber nicht das Nitratproblem, das teilweise von der Landwirtschaft verursacht worden ist. Aus seiner Sicht „gibt es keine Wundermittel, die die Bauern von der Düngeverordnung befreien können“.

Forschung

Humintech will weitere Märkte erschließen. Das Unternehmen hat eine neue Bakterien-Wirkstoffgruppe entwickelt. „Mit ihrer Hilfe werden Pflanzen gegen Schadpilzbefall gestärkt, so dass weniger Pflanzenschutzmittel und damit weniger Chemie eingesetzt werden muss“, sagt Gerdelmann.

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