Grefrath: Eine Zeitreise im Freilichtmuseum Im Partykeller gibt es Mett-Igel und Erdbeerbowle

Grefrath. · Eine Sonderausstellung im Freilichtmuseum beschäftigt sich mit der Alltagskultur der 60er- und 70er Jahre.

 Museumsleiterin Anke Petrat in einer Hausbar, die damals in fast keinem Keller fehlte.

Museumsleiterin Anke Petrat in einer Hausbar, die damals in fast keinem Keller fehlte.

Foto: Heiner Deckers

(hd) „Im Zeichen von Flowerpower und Weltraumdesign“ heißt die aktuelle Sonderausstellung im Freilichtmuseum Dorenburg. Ein alternativer Titel hätte „Alles so schön bunt hier“ sein können. Grelle Farben beherrschten seinerzeit die Alltagskultur, Prilblumen hübschten viele Möbel auf.

Die rund 700 Ausstellungsstücke stellte die Sammlerin Corinna Wodarz zur Verfügung. Die Kunsthistorikerin betreibt in Höxter ein eigenes Museum.

Einen Schwerpunkt setzt die Ausstellung nicht, sie ist vielmehr ein Potpourri aus verschiedenen Themen, die in den fraglichen Jahren den Alltag beherrschten. Im Unterschied zu anderen Ausstellungen erinnern sich viele Besucher noch gut an diese Zeiten: „Manche fühlen sich regelrecht in ihre Jugend versetzt“, sagte Museumsleiterin Anke Petrat. Das war eine Jugend, in der Partykeller, Bowle und Mett-Igel ständige Begleiterscheinungen waren. Man feiert viel daheim, eine Hausbar fehlte fast nirgendwo.

Viele Familien bauten sich damals ein Haus. Flokatiteppiche lagen am Boden. Man saß auf Stühlen, die farbiger nicht sei konnten. Die ersten Farbfernseher schmückten die Wohnstuben. Da liefen Serien wie „Bonanza“, die Kinder schauten sich „Lassie“ an. Auf Plattenspielern drehten sich die Schreiben von Sängern oder Bands, die bis heute unvergessen sind: Beatles, Stones, aber auch der längst verstorbene Rex Gildo gehörten zu den Favoriten der Generation.

In den 60er- und 70er Jahren spielten sich viele Dinge ab, die bis heute nachwirken. Auch sie sind der Ausstellung dokumentiert. Da sind etwa die Studentenrevolten, die gegen den Krieg im fernen Vietnam protestierten und ebenfalls dazu beitrugen, dass sich die aus den Augen der Jugend verknöcherte Gesellschaft sich mit ihrer Nazi-Vergangenheit beschäftigte und sie thematisierte. Schlimmer Auswuchs der Studentenproteste waren die Attentate der Roten Armee Fraktion mit ihren zahlreichen unschuldigen Opfern. In der Ausstellung hängt ein Fahndungsplakat mit Namen, die heute noch vielen geläufig sind.

Die Emanzipation der Frau
war ein wichtiges Thema

Was nahm im Zeitrahmen der Ausstellung noch so alles seinen Anfang? Die Emanzipation der Frau war ein wichtiges Thema und ist es heute noch. Junge Mädchen liefen zum Entsetzen ihrer Eltern im Minirock herum, die Mode war überhaupt sehr ausgeflippt damals. Ausgeflippt waren auch die Tapeten mit ihren psychedelischen Mustern. Dazu noch Musik von Pink Floyd, und der Alltag rückte eine schönes Stück weit weg.

Negativer Aspekt war in diesem Zusammenhang der damals immer weiter um sich greifende Drogenkonsum. Den reklamierten besonders die Hippies für sich, mit ihrem Drang zum Individualismus und zur grenzenloser Freiheit. Die musikalisch überlieferte Botschaft besagte, man müsse unbedingt eine Blume im Haar tragen, wenn man San Francisco ­besucht.

Auch Technik und Wissenschaft machten in der Zeit von sich reden. Im Juli des Jahres 1969 etwa gelang den Amerikanern die erste bemannte Mondlandung. Eine Punktlandung schaffte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, die 1974 im eigenen Land Weltmeister wurde. Im Endspiel schlug das Team um Kapitän Franz Beckenbauer die Niederlande mit 2:1.

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