Meinung Die Systemfrage stellt sich

Meinung · Nach den grausamen Vorfällen in Krefeld, Viersen, Kempen und Tönisvorst zeigt der Werdegang von Sandra M., dass es im System große Fehler gibt.

 Tobias Klingen kommentiert.

Tobias Klingen kommentiert.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Das, was den Kindern und Eltern in Viersen, St. Tönis, Kempen und Krefeld angetan wurde, ist so grausam, dass sich jeglicher Kommentar dazu verbietet. Zumal die Ermittler noch längst nicht fertig sind mit ihrer Arbeit. Dennoch ist schon jetzt klar, dass über viele Dinge geredet werden muss. Ganz konkret muss es um das System Kita-Betreuung gehen. Und zwar nicht mit der reflexartigen Frage, wie das Grauen im Kreis Viersen und Krefeld hätte verhindert werden können. Vielmehr muss es darum gehen, wie die bestmögliche Qualität in der Betreuung der Kinder gewährleistet werden kann.

Unabhängig von den ihr vorgeworfenen Taten offenbart der Werdegang von Sandra M., dass es im System große Fehler gibt. Es ist offensichtlich so, dass es neben der überwiegenden Mehrheit von hochqualifizierten und sehr engagierten Erzieherinnen und Erziehern einige Menschen gibt, die ihren Job nicht gut machen. Die aber trotzdem immer wieder eine Arbeitsstelle finden. Das kommt auch im Bankensektor, bei der Deutschen Bahn und in der Medienlandschaft vor. Im Erziehungsbereich reden wir aber über unsere Kinder. Daher muss das Ausbildungs- und Bewertungssystem nach diesem Fall endlich neu aufgestellt werden.

Insgesamt muss die große Politik in Land und Bund das Thema in den Fokus rücken. Es wäre fatal, wenn aus Berlin und Düsseldorf nur mit dem Zeigefinger auf Krefeld und den Kreis Viersen gezeigt würde. Nach dem Motto: „Was haben die denn da bloß gemacht? Das müssen wir uns jetzt aber mal genau ansehen.“ Im Gegenteil: Es ist doch vielmehr so, dass Viersen auch Gütersloh sein könnte. Oder Kempen Itzehoe.

Dringend geboten ist zudem, dass die Erziehung unserer Kinder in den Kindertagesstätten und bei Tagespflegeeltern endlich die Aufmerksamkeit der Gesellschaft bekommt, die sie verdient. Dieser Zweig trägt uns alle mit. Insbesondere die Wirtschaft, die die Eltern schnellstmöglich wieder am Arbeitsplatz braucht und will. Die Erzieherinnen und Erzieher brauchen endlich die Wertschätzung, die sie verdient haben. Und dabei reden wir nicht von einem dankenden Applaus. Wir reden von einer angemessenen Bezahlung. Und wir reden von geeigneten Mechanismen im Ausbildungs- und weiteren Berufswesen. Das müssen wir uns was kosten lassen.

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