Fakten & Hintergrund Ärger um entfernte Hecke

Tönisberg. · Edgar Kohlhaas wirft der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Viersen seit sechs Jahren Untätigkeit in Sachen einer Heckennachpflanzung vor. Doch der Fall ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint.

 Edgar Kohlhaas in seinem Garten. Der kleine Pfahl links auf der Wiese markiert, wo der Weg für den Nachbarn verlaufen würde.

Edgar Kohlhaas in seinem Garten. Der kleine Pfahl links auf der Wiese markiert, wo der Weg für den Nachbarn verlaufen würde.

Foto: Wolfgang Kaiser

Wer am Achterberg in Tönisberg lebt, liebt die Natur. Wirtschaftswege ziehen sich an Feldern, Wiesen, Bauernhöfen und Häusern vorbei. Es gibt kleine Waldstücke und Hecken. Und genauso so eine Hecke lässt bei Edgar Kohlhaas Verärgerung aufkommen. Besser gesagt, die Entfernung einer Hecke.

Direkt neben seinem Grundstück verlief eine 50 Meter lange und gut drei Meter hohe Eibenhecke. „Die Hecke war ein Traum. Sie diente Vögeln, Kleinsäugern und Insekten als Lebensraum. Dazu hielt sie den Wind ab. Eine natürliche Begrenzung, wie sie im Buche steht“, sagt der Tönisberger, der auch Mitglied beim Naturschutzbund (Nabu) Kempen ist. Doch die Hecke gehörte nicht ihm, sondern einem Nachbarn, der mit auf der ehemaligen Hofanlage, die früher ein landwirtschaftlicher Komplex war und nun geteilt ist, wohnt.

Der Nachbar hat ein schmales Grabengrundstück, das neben der Gartengrenze von Kohlhaas verläuft und dem sich auf der anderen Seite Wiesen anschließen. Vor dem Hintergrund, dass der ehemalige Bauernhof in einem Landschaftsschutzgebiet liegt, stellte der Nachbar einen Antrag auf Entfernung der Hecke in einer Länge von 25 Metern beim Amt für Bauen, Landschaft und Planung des Kreises Viersen. In einem Schreiben vom 20. Januar 2014 erhielt er die Genehmigung. Allerdings mit Auflagen, da eine solche Rodung nach dem Bundesnaturschutzgesetz einen besonderen Eingriff in die Natur und Landschaft darstellt. Im Schreiben des Kreises Viersen hieß es: „Als Ersatz ist 1:1, das heißt auf circa 25 laufenden Metern eine neue Hecke zu pflanzen. Als Art ist Hainbuche oder Buche zu pflanzen“

Die alte Hecke verschwand. Aber nicht auf 25 Metern, sondern auf ihrer gesamten Länge von 50 Metern. Eine Neuanpflanzung erfolgte nicht. Kohlhaas wartete, aber nichts geschah. Er wandte sich an die Untere Landschaftsbehörde, machte auf die Missachtung der Genehmigung samt der nicht umgesetzten Auflage aufmerksam und fragte nach.

Am alten Standort der Hecke hat sich neue Vegetation gebildet

„Auf meine mehrfachen Anfragen teilte der Leiter der Unteren Landschaftsbehörde mit, dass man den Grundstückseigentümer auf die Ersatzbepflanzung hinweisen wolle und sogar eine Strafzahlung androhen würde. Geschehen ist in der gesamten Zeit allerdings nichts“, sagt der Tönisberger empört. Er fragt sich, warum die Untere Landschaftsbehörde des Kreises Viersen in diesem Fall offensichtlich tatenlos bleibt, anstatt vom Eigentümer des Grabengrundstücks die Ersatzbepflanzung zu verlangen, während an anderer Stelle auf Ersatzbepflanzungen genauestens geachtet wird. Zumal statt der erlaubten 25 Meter die doppelte Menge Hecke gerodet ­wurde.

Reinhard Bräutigam, stellvertretender Abteilungsleiter Natur und Landschaft des Kreises Viersen, spricht auf Anfrage von einem Fall, der sich im Laufe der Zeit als komplexer herausstellte, als es auf den ersten Blick scheint. Es geht um mehr als nur eine Hecke. Dahinter steckt die Neuanlage eines Weges. „Der Grundstückbesitzer stellte ein Jahr nach der Heckenrodung einen wasserrechtlichen Antrag für die Verrohrung eines Grabens, der sich ebenfalls auf dem Grundstücksstreifen befindet, wo auch die Hecke stand“, sagt Bräutigam. Die Untere Landschaftsbehörde lehnte ab und verwies im Gegenzug auf die geforderte Neupflanzung. Besagter Nachbar klagte gegen den Ablehnungsbescheid des Kreises.

Es ging hin und her. Ende 2017 ergab ein Urteil, dass der Ablehnungsbescheid nicht rechtens sei und das Vorhaben, den Graben zu verrohren und dort einen Weg anzulegen, möglich sei. Vor dem Hintergrund, dass dort ein Weg entstehen soll, den der Grundstücksbesitzer bis zu seinem Haus anlegen lassen möchte, soll nun eine Heckenbepflanzung nicht an der Altstelle, sondern auf dem Grundstück Nummer 200 in West-Ost-Richtung angelegt werden. „Wir haben im Februar dieses Jahres eine entsprechende Aufforderung gestellt, die bis Frühjahr 2021 umgesetzt werden muss“, sagt Bräutigam.

In den zurückliegenden sechs Jahre hat sich am alten Standort der Hecke eine neue Vegetation gebildet, die wiederum Lebensraum für Pflanzen und Tiere geworden ist. Es stellt sich die Frage, was mit diesem Bereich geschieht, sollte dort ein Weg gebaut werden. Nach wie vor handelt es sich um ein Landschaftsschutzgebiet, in dem nicht einfach Bäume und Sträucher entfernt werden dürfen.

Der Nachbar klagt inzwischen auch gegen Kohlhaas. „Er braucht für seinen Weg ein Stück meines Landes, das ich ihm nicht zur Verfügung stelle. Daher bin ich von ihm verklagt worden“, sagt Kohlhaas, der über die gesamte Aktion nur den Kopf schütteln kann, da sein Nachbar über eine Zuwegung verfügt, über die er sein Haus problemlos erreicht.

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