Soziales Engagement Ehrenamtliche dringend gesucht

Krefeld · Seit 50 Jahren gibt es die Unicef-Gruppe in Krefeld. Doch es engagieren sich immer weniger Menschen, um Kindern in Not zu helfen. Das möchte Elke von Harpe ändern.

Elke von Harpe ist die Vorsitzende der Krefelder Unicef-Arbeitsgruppe – und sucht dringend neue Mitstreiter.

Elke von Harpe ist die Vorsitzende der Krefelder Unicef-Arbeitsgruppe – und sucht dringend neue Mitstreiter.

Foto: WZ/Lothar Strücken

Den Titel „Miss Unicef“ hört Elke von Harpe nicht so gerne. Die 77-jährige Leiterin der Krefelder Unicef-Gruppe erfährt in diesen Tagen wieder mehr Aufmerksamkeit. Kein Wunder, wo ihre Institution 2018 ihr 50-jähriges Bestehen in Krefeld feiert. Damals, im Jahr 1968, begründeten Charlotte Nehmiz und Ilse Karrenberg den Krefelder Ableger der Unicef, die auf Initiative amerikanischer Politiker 1946 als Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen gegründet wurde, in 190 Staaten der Erde aktiv ist.

Ein jugoslawisches Mädchen brachte alles ins Rollen

„Beide Frauen sind 100 Jahre alt geworden und haben sich sehr für die Sache engagiert“, erzählt von Harpe. Sie ist seit 30 Jahren Mitglied, davon 24 Jahre als Vorsitzende. „Dass man etwas Gutes für Kinder tun will“, sei die Motivation damals wie heute gewesen. „Die beiden hatten noch ihre Kartons mit den Karten unter den Sofas stehen.“ Denn zu der Zeit gab es noch kein festes Büro, von dem man aus die heute bekannten Unicef-Weihnachtskarten verkaufen konnte, deren Verbreitung man einem kleinen jugoslawischen Mädchen verdankte. „Sie malte als Dankeschön eine Grußkarte nach New York. Diese Karte wurde gedruckt und andere Künstler stellten daraufhin ihre Werke zur Verfügung. Und die wurden dann überall in Europa verkauft.“

Später bekam man das Obergeschoss im CVJM-Haus am Westwall 39 zur Verfügung gestellt, dann auch noch das Erdgeschoss, von wo aus die Karten auch in andere Länder weiter verteilt oder vor Ort verkauft wurden. In den 70er und 80er Jahren konnte man in Hochzeiten Jahresumsätze von „gut 150000 Mark erzielen“. „Heute ist Deutschland das einzige Land, in denen noch Karten verkauft werden. Früher konnte man die noch zu drei Vierteln von der Steuer absetzen.“ Das habe sich geändert, weil die Karten nicht mehr in China, sondern in Europa produziert werden. Der Verkauf der Karten ist insgesamt zurückgegangen, weil das Gros über die Bundesgeschäftsstelle der Unicef in Köln abgewickelt wird. Trotzdem stellt sich die Gruppe damit auf die Weihnachtsmärkte wie in Linn oder bei dem „besonderen Weihnachtsmarkt“ der caritativen Verbände. Was für die sechs aktiven Mitglieder, die sich auch schon im fortgeschrittenen Alter befinden, angesichts der Kälte nicht immer einfach ist.

Der Geist und die Idee von Unicef hat sich im Laufe der Jahre in Krefeld über die diversen Aktionen, die die Krefelder Gruppe mit initiiert hat, gut verbreitet, findet von Harpe. „Es gab mehrere Leute, die ihre Kirchensteuer lieber uns gaben. Bei Geburtstagen, Beerdigungen oder Geburtstagsjubiläen stellten die Leute Spendendosen hin, es gab und gibt Schülerläufe“, erzählt die Vorsitzende.

Oder es gibt aktive Menschen wie Karl-Heinz-Joosten, der die „St. Hubert Unifec-Kicker“ ins Leben gerufen hat und über Jahrzehnte mit diversen Fußballevents Geld für den guten Zweck zusammenbrachte. In den 90ern gab es mehrere Jazzfrühschoppen oder Unterschriftensammlungen im Stadtwald. Und immer wieder ist die Unicef-Gruppe bei solchen Veranstaltungen wie der alle zwei Jahre stattfindenden Kinder-Expo auf dem Freizeitgelände oder dem Weltkindertag präsent. Dort begeistert man die Kinder mit so fantasievollen Aktionen wie „Gut behütet mit Unicef“ und der Fertigung von Hüten aus Zeitungspapier - oder macht auf das Elend ausgebeuteter Kinder aufmerksam, wenn man Kinder mit einen Teppich knüpfen lässt. „Wir haben ihnen erklärt, dass es Länder gibt, wo Kinder das zwölf Stunden ohne Anlehnen im Sitzen machen müssen.“

Neben der Entwicklungshilfe für die armen Länder der Welt und der Bildung – mit dem Bau von Schulen in Afrika und der Ausbildung von Lehrern – bleibe die akute Nothilfe angesichts von Katastrophen, Kriegen und Flucht ein wichtiger Bestandteil der Unicef-Arbeit, so von Harpe. Das habe sich in all den Jahrzehnten leider nicht geändert. „Und weltweit behandelt Unicef 2,5 Millionen schwer mangelernährte Kinder.“ Daneben konzentriere sich Unicef auf den Ausbau der Kinder-Patenschaften – in Deutschland sind es über 205000 - und die Verbreitung der Kinderrechte. „Deutschland zum Beispiel ist eines der letzten Länder, was die Kinder-Grundrechte noch in der Verfassung verankern muss“. Es gebe vor der „eigenen Haustür“ viel zu tun.

8000 Ehrenamtliche engagieren sich in 200 Ortsgruppen

Die Erfolge der jahrzehntelangen Arbeit sind es, die von Harpe und ihre Mitstreiterinnen noch motivieren: „Seit 1998 gibt es weltweit 99 Prozent weniger Polifälle – und 2,6 Milliarden Menschen haben mehr sauberes Trinkwasser als 1990“, nennt sie nur zwei Beispiele. Und dazu trägt die Arbeit der bundesweit 8000 ehrenamtlich Aktiven in den 200 Gruppen mit bei. Was aber nichts an der ernsten Situation der Unicef-Gruppe Krefeld ändert. Denn die 77-jährige von Harpe wollte eigentlich schon im vergangenen Jahr die Leitung der Unicef-Gruppe abgeben, hatte dann nochmal ein Jahr drangehängt. „Man verlässt nicht das Schiff, wenn man keinen guten Nachfolge-Kapitän hat“, sieht sie sich in der Verantwortung. Und schon da signalisierten die Mitarbeiter, dass sie aufhören wollen, wenn sie aufhört. Also benötigt es neue, begeisterungsfähige Menschen, die sich der Idee der Organisation verpflichtet fühlen – und so die Krefelder Unicef-Gruppe weiterführen.

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