Kultur trotzt Corona Wöchentliche Streams aus der Kufa

Krefeld · Die Kulturfabrik ist im Lockdown, bietet aber digitale Angebote. Auf der Plattform Twitch gibt es neben Musik auch Talk-Formate aus der Dießemer Straße.

 Jonas Diener (von links), Sebastian Noack und Katharina Schneider-Bodien berichteten über Entwicklungen an ihrem Haus.

Jonas Diener (von links), Sebastian Noack und Katharina Schneider-Bodien berichteten über Entwicklungen an ihrem Haus.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Wenn die Macher der Kulturfabrik, frech Kufa gedutzt, zu einem Pressegespräch einladen, geht es zumeist um besondere Live-Acts, vor Stimmung pulsierende Konzerte, Events, Comedy und Co., die in den nächsten Wochen und Monaten anstehen. Doch wir sind nach wie vor in einer Pandemie, die Rahmenbedingungen auf radikale Weise gedreht hat; weil wir aus berechtigter Sorge um unsere und anderer Gesundheit, all das was eigentlich unsere Kultur – und die populäre Kultur im besonderen – ausmacht, derzeit nicht machen können.

Kufa erhält Unterstützung von Bund, Land und Stadt

Der Lockdown hat auch die Kufa im Griff, und wäre da nicht die Unterstützung der öffentlichen Hand, die Lokation mit Tradition wäre schon nicht mehr da – untergegangen im Strudel der Corona-Krise, wie übrigens vieles, was wir noch gar nicht abschätzen können. „Natürlich fehlen uns derzeit unsere kompletten Einnahmen, sowohl im Eintritts- wie auch im Gastrobereich. Ohne die Unterstützung vom Bund, dem Land und vor allem der Stadt Krefeld und der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Zentren NRW würde es die Kufa, wie wir sie kennen, nicht mehr geben“, erklärte Vorstand und Kassenwart Sebastian Noack.

Eine Reihe von Zahlen mache dies für die Kufa deutlich. Waren es im Januar 2020 20 Veranstaltungen mit über 138 Künstlern und knapp 8000 Gästen, so summiert sich die Zahl in diesem Januar auf null Präsenzveranstaltungen, mit keinen Gästen vor Ort, jedoch acht Streams mit 11 DJs und im Schnitt 156 Zuschauern pro Stream.

Aber obwohl die Zeiten für die Kultur- und Eventbranche beileibe nicht rosig sind, geben die Kufa-Macher nicht auf; sie sind vielmehr immer wieder mit neuen Ideen für ihr Publikum da – sei es auch auf anderen Wegen als gewohnt. Und ein sehr probates Mittel, um sich auch im Lockdown an das Publikum mit Angeboten zu wenden, sind Streams. Doch anstatt einfach ein Video abzudrehen oder klassisch über You-Tube oder Facebook zu streamen – was durchaus auch völlig in Ordnung wäre – haben sich, unter normalen Umständen eigentlich Party-Planer der Kufa, Jonas Diener, und sein Team etwas noch Zeitgemäßeres einfallen lassen. Sie nutzen für die Streams, die jeweils dienstags und samstags live aus der Kufa zu erleben sind, die Plattform Twitch. Eine auf Live-Streams spezialisierte Webseite, die eigentlich vorrangig von Videospiel-Freunden frequentiert wird, um ihre Inhalte mit anderen zu teilen. 

Bei Twitch können die Zuschauer spenden und chatten

Doch die Möglichkeiten von Twitch bieten den Streamern aus der Kufa zusätzlichen Spielraum. Das heißt, selbst wenn der Stream an sich kostenlos ist, besteht für die Zuschauer auf der Plattform – „Kufa-On-Air“ hat 352 feste Follower auf Twitch – die Gelegenheit, einen Geldbeitrag zu leisten, um die Kufa zu unterstützen, aber auch das Angebot der Kufa zu abonnieren. Hier gibt es drei Stufen mit jeweils dazu passenden Vorteilen. Etwa spezielle, von der Kufa entworfene, „Emotes“, Figürchen, vergleichbar mit den lachenden Smileys, mit denen man im Chat seine Emotionen ausdrücken kann. Die Aufzeichnungen der Streams sind für jedermann auch im Nachgang abrufbar. Die Angebote werden durch Förderung durch das Bundes-Programm Neustart-Kultur im Konnex mit dem Bundesverband-Soziokultur möglich.

Und was bekommt der Zuschauer bei den Kufa-Streams geboten? Nun, Live-Erlebnis pur, zwischen DJ-Sets und Talkshow. Denn die Macher bieten mit insgesamt acht Kameras und fünf bis acht Technikern hinter der Bühne nicht nur vor Ort von eingeladenen DJs kreierte Klänge, sondern auch eine Art Kufa-Talkshow, bei der es auch über die reine Anmoderation hinausgeht. „Mit gemeinsamen Spielen, Talks und vielleicht auch mal dem einen oder anderen Gewinnspiel versüßen wir euch bei unterschiedlichen Mottos den Abend“, heißt es auf der Webseite der Kufa. Das sieht nicht nur sehr professionell aus, sondern scheint soviel Strahlkraft zu haben, dass sogar der öffentlich-rechtliche Rundfunk darauf aufmerksam geworden sei, berichtet man uns in Rahmen einer Video-Pressekonferenz.

Zukünftig plant die Kufa aber noch mehr, wenngleich man auch deutlich macht, dass das Live-Erlebnis nicht wirklich ersetzbar ist. Es gebe durchaus auch Künstler, die bei dem Angebot ein Stream zu machen, dies eher ablehnen; da sind die Gründe wahrscheinlich vielfältig. Aber ohnehin scheint manches nur live zu funktionieren, wenngleich es auch gute Bespiele dafür gibt, wie viel eigentlich digital heute möglich ist. Aber: Man könne sehr zeitnah, wenn der Lockdown vorbei sei, wieder real mit Hygiene-Konzept öffnen; vielleicht aber auch hybride Lösungen mit Streaming-Anteilen anbieten. Denn es könne, so Kufa-Sprecherin Katharina Schneider-Bodien, durchaus denkbar sein, das es selbst nach der Öffnung gewisse Vorbehalte beim Publikum geben könnte, sogleich Veranstaltungen live zu besuchen. Für Vorsichtige soll es also auch Streams geben.

Bis dahin aber wird es zu den DJ-Sets auch noch Auftritte von Live-Künstlern geben können, vielleicht sogar ein Format, bei dem im Stream gekocht wird. Ein Koch-Stream, der sich spontan aus der Verpflegung der Crew als Idee entwickelt habe. So sind also die mittelfristigen Planungen für den Stream.

Und live? Für Februar wurden alle Live-Veranstaltungen abgesagt oder mussten verschoben werden. Man plane Monat für Monat, heißt es. Damit ist das Schicksal der noch für März geplanten Präsenzveranstaltungen offen.

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