Kinder- und Jugendtheater in Krefeld Historische Frauen werden lebendig

Krefeld · Das Kresch-Theater inszeniert auch teils problematische weibliche Persönlichkeiten. Als besonders anschaulichen Geschichtsunterricht. Los geht es ab März.

 Die Rolle der Königin Elisabeth I. von England wird gespielt von Barbara Feldbrugge.

Die Rolle der Königin Elisabeth I. von England wird gespielt von Barbara Feldbrugge.

Foto: Presseamt Dirk Senger/NN

Das Kresch-Theater möchte neun historische Frauenfiguren zum Leben erwecken. Natürlich nicht ganz in echt – aber sehr lebensnah. Es gibt Frauen aus der Geschichte, denen wäre man in der Tat gerne begegnet, hätte gerne mit ihnen gesprochen, gern erfahren, wie sie dachten, fühlten, wie sie waren. Aus Neugierde, sicherlich, manchmal sogar aus Sympathie oder Verehrung.

Es gibt wiederum andere geschichtlich relevante Frauen, denen man dann doch lieber aus dem Weg gegangen wäre. Persönlichkeiten, mit deren Leben, deren Biografie sich bisweilen Kritisches, wenn nicht sogar ausgesprochen Übles verbindet. Aber auch dann ist da diese Neugierde, die einem zuflüstert, doch herausfinden zu wollen, wie diese oder jene wohl wirklich getickt haben mochte. Geht das zwar nicht wirklich, so haben die Macher des Kresch-Theaters sich dennoch viel Arbeit gemacht, um mit den Illusionen des Theaters zumindest einen überzeugenden Anschein zu erwecken. „Als wären sie der Zeit entsprungen“, schildert Theaterleiterin Isolde Wabra.

Das Angebot richtet sich
an Jugendliche

Die Idee, die man uns nun mitten aus dem Lockdown heraus vorstellt, möchte aber die historischen Frauen nicht des reinen Effekts wegen durch neun Schauspielerinnen verkörpern lassen. Es geht darum, wenn es denn dann nach dem Lockdown möglich werden wird, dem Zielpublikum des Jugendtheaters – in diesem Fall ab 14 Jahre – die historischen Personen nicht trocken schulisch, sondern möglichst lebendig vorzustellen. Auch in die Schulen gehen kann man mit diesen Figuren, die dann zunächst in Form eines kurzen Mono-Dramas sich vorstellen und in der Rolle schließlich bleibend auch für Fragen der Zuschauer bereitstehen sollen.

Isolde Wabra und ihr Team bedienen sich bei der Konzeption zahlreicher Zugangswege, erfragten sogar die Schauspielerinnen nach ihren Wunschfiguren. Hierbei können dokumentarische Aspekte genauso in die Rolle einfließen, wie etwa fiktionale Aspekte oder Charakterbilder. Die Regie der neun „Figuren“ übernehmen neben Wabra selbst Helmut Wenderoth und Franz Mestre. Natürlich bedarf das einer sehr genauen und aufmerksamen Vorbereitung. Und es ist auch nicht trivial, denn einige der Persönlichkeiten sind hochproblematisch und deshalb erfordern sie einen sensiblen Umgang. Womit wir bei den neun Persönlichkeiten wären.

 In die Rolle der Berta von Suttner schlüpft Claudia Schnürer für das Kresch-Theater in Krefeld.

In die Rolle der Berta von Suttner schlüpft Claudia Schnürer für das Kresch-Theater in Krefeld.

Foto: Presseamt Dirk Senger/NN

Unter Wabras Regie verkörpert Linda Klein Sophie Scholl, Michaela Christl spielt die Mathematikerin und Programmier-Pionierin aus dem 19. Jahrhundert Ada Lovelace Byron und Christina Beyerhaus tritt in die Rolle von Magda Goebbels. Sie war die Ehefrau des nationalsozialistischen Politikers Joseph Goebbels und wurde in der NS Propaganda zu einer Vorzeigemutter des Dritten Reiches stilisiert. Sicherlich eine der problematischen Figuren, deren Spiegelung viel von der Darstellerin abverlangt und viel Fingerspitzengefühl von der Regie. Wir treffen bei den neun, sowohl auch Persönlichkeiten aus der jüngeren Geschichte wie die RAF-Terroristin Gudrun Ensslin, gespielt von Ilka Luza unter Wenderoths Regie – gewiss auch eine der problematischeren Figuren –, aber auch auf alte Geschichte. So etwa auf Elisabeth I. von England (Barbara Feldbrugge).

Reale Personen wie Rosa Luxemburg (Regie: Wenderoth) oder Berta von Suttner (Regie: Mestre, Rolle: Claudia Schnürer), sind das eine, das andere sind eher symbolische oder mythische Charaktere. Gleich aus zwei Extremen, einerseits die heilige Maria, sie spielt Britta Weyers, andererseits die personifizierte Pest (Silvia Westenfelder). Auch hier, bei Maria etwa, hilft das Buch mit fiktiven Monologen „Wenn du geredet hättest, Desdemona“ von Christine Brückner als eine der zahllosen Vorlagen. Dort findet sich übrigens auch Gudrun Ensslin.

Und wann können junge Menschen diesen Frauenfiguren begegnen, ihnen zunächst zuhören und dann ihre Fragen an den Charakter stellen, der sicherlich bisweilen unerwartet antworten wird? Wabra sagt, man sei flexibel und könne, sobald die Schulen wieder öffnen, vor Ort mit den Figuren etwa in die Aulen gehen. Oder von einzelnen Schulklassen gebucht werden. Startklar sei das Projekt indes ab Ende März.

 Problematische Figur: Magda Goebbels wird verkörpert von Christina Beyerhaus.

Problematische Figur: Magda Goebbels wird verkörpert von Christina Beyerhaus.

Foto: Presseamt Dirk Senger/NN

Die Mono-Dramen dauern um die 20 Minuten, im Anschluss mit Fragerunden kommt man auf etwa eine Stunde. Für die Fragerunden kann das Kresch-Team auch Inspirationsquellen mit auf den Weg geben, etwa Fotografien, wenn vorhanden, oder Zitate der Figuren.

Historisches Wochenende
könnte Ende April stattfinden

Zudem sei im Kresch-Theater in der Fabrik Heeder selbst ein „historisches Wochenende“ denkbar, etwa am 24/25. April, an dem gleich mehrere Frauenfiguren erlebbar sein würden. Alles hänge von den jeweils geltenden Möglichkeiten in der Pandemie ab. So sei sogar vorstellbar, dass es Gastspiele an verschiedenen Orten der Stadt mit den dazu passenden Persönlichkeiten gibt.

Über den jeweils aktuellen Stand des Projekts wird die Webseite des Kresch-Theaters informieren. Ob es auch eine virtuelle Variante geben wird, ist denkbar, aber offenbar noch nicht spruchreif.

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