INTERVIEW „Ich wünsche mir bei Outokumpo keinen zweiten Theaterstadl“

Krefeld · Interview Der noch amtierende Betriebsratsvorsitzende spricht im WZ-Interview über den Rücktritt des kompletten Betriebsrats und seine Hoffnungen für die Zukunft.

 Hasim Chantürk ist der Vorsitzende des Betriebsrats Outokumpu.

Hasim Chantürk ist der Vorsitzende des Betriebsrats Outokumpu.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Durch den Rücktritt des kompletten Outokumpu-Betriebsrats ist dieses Gremium erneut in die Schlagzeilen geraten. Zuvor waren Gerichtsverfahren unter anderem gegen die Betriebsratswahl 2018 von Mitarbeitern angestrengt worden, die ebenfalls kandidiert hatten. Die WZ sprach mit dem bis zur zweiten Betriebsratswahl innerhalb eines Jahres amtierenden Betriebsratsvorsitzenden, Hasim Cantürk, darüber, wie es nun weitergehen kann.

Herr Cantürk, werden Sie noch einmal kandidieren?

Hasim Cantürk: Ich werde erneut – wie zur Betriebsratswahl 2018 – anbieten, dass wir gemeinsam auf einem Wahlvorschlag in alphabetischer Reihenfolge mit allen Kandidaten antreten. Ich glaube aber nicht, dass die Personen, die beim letzten Mal Wahlvorschläge gebastelt haben, dazu bereit sind, weil sie die Personenwahl scheuen. Sie sind ja schon dabei, fleißig Stützunterschriften für ihre gebastelten Wahlvorschläge zu sammeln. Ich finde es schon ein starkes Stück, den Wählern erst die Möglichkeit zu nehmen, die Kandidaten ihres Vertrauens zu wählen und dann aus Frust über das Ergebnis eine Wahlanfechtung anzustrengen. Wenn die Personenwahl — die den Wählern 15 statt nur einer Stimme ermöglichen würde — nicht zustande kommt, was ich zutiefst bedauern würde, halten wir uns an die Regularien der IG Metall. Die sehen einen aus der Mitgliedschaft legitimierten Wahlvorschlag vor.

Warum ist es wichtig für Sie, in eine weitere Runde zu gehen?

Cantürk: Ich stehe gern wieder zur Verfügung für gute Betriebsratsarbeit, die für mich immer auch gute Gewerkschaftsarbeit bedeutet. Ich setze darauf, dass die Belegschaft dem Theaterstadl keine zweite Aufführung ermöglicht. Unser Standort- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag läuft Ende 2020 aus. Wenn wir weiter tarifvertraglich gesicherte Beschäftigung und Investitionen haben wollen, müssen wir uns bewegen. Diese Bewegung braucht Geschlossenheit und keine Zwietracht.

Betriebsratsarbeit ist als Unterstützung für die Beschäftigten gedacht. Derzeit entsteht durch die Gerichtsprozesse in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass sich der Betriebsrat zuletzt vor allem mit dem Betriebsrat beschäftigt hat oder beschäftigen musste, oder wie sehen Sie das?

Cantürk: Das bewerte ich etwas anders. Erfolglose Kandidaten und einzelne Betriebsräte erzeugen diesen Eindruck, der durch fragwürdige Darstellungen in der Öffentlichkeit verstärkt wird. Das Betriebsratsgremium hat mehrheitlich seine gesetzlichen Pflichten ordentlich wahrgenommen und einen guten Job gemacht. Als Betriebsratsvorsitzender hatte ich den Anspruch, das Gremium arbeitsfähig zu bekommen. Klausurtagung, transparentes Handeln und Einbindung in die Ausschussarbeit haben aber leider nicht dazu geführt, dass sich alle im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes zum Wohle der Belegschaft eingebracht haben. Diesen Zustand wollten wir nicht bis zum Ende des gesetzlichen Wahlzeitraumes aushalten.

Wieso konnte der Betriebsrat, wie es im Flugblatt heißt, „nicht mehr zufriedenstellend“ und „gemeinschaftlich im Sinne der Belegschaft“ handeln?

Cantürk: Betriebsratsarbeit ist Teamarbeit. Sie braucht gemeinsame Werte, ein Selbstverständnis, klare Ziele und eine funktionierende Aufgabenteilung. Das war leider nicht der Fall.

Welche Hoffnungen haben Sie für die Neuwahl und die zukünftige Zusammenarbeit?

Cantürk: Die Belegschaft hatte ein gutes Jahr, um die Möglichkeit zu prüfen, ob aus Wahlprogrammen und Ankündigungen praktische und erfolgreiche Betriebsratsarbeit wurde. Ich bin davon überzeugt, dass meine Kolleginnen und Kollegen einschätzen können, wer sich für sie ins Zeug legt und wer aus anderen Gründen dieses Mandat anstrebt. Betriebsratsarbeit muss konstruktiv und innovativ sein. Das Betriebsverfassungsgesetz ist auf Kompromiss ausgerichtet. Gute Kompromisse brauchen eine gesunde Konfliktfähigkeit. Betriebsrat, Belegschaft und IG Metall müssen sich klar positionieren und Gestaltungskraft unter Beweis stellen.

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