Messerattacke in Bahn Warum ein Biologe aus Düsseldorf Amok lief

Düsseldorf · In Düsseldorf hat der Prozess gegen einen 55-Jährigen begonnen, der im August in einer Straßenbahn um sich gestochen hatte. Vor Gericht erklärt er den schrecklichen Vorfall aus seiner Sicht.

Im August hatte ein Mann an der Flurstraße einer Frau in einer Bahn der Linie 709 mit einem Messer in den Hals gestochen.

Im August hatte ein Mann an der Flurstraße einer Frau in einer Bahn der Linie 709 mit einem Messer in den Hals gestochen.

Foto: Gerhard Berger

Seit Jahren fühlt sich Biologe Karsten D. (55, Name geändert) verfolgt. Mit einem Messer stach er im August in der Bahn um sich. Jetzt saß der Amokläufer auf der Anklagebank.

Morgens um 8.20 Uhr in der Straßenbahn Linie 709: Silke F. (27) ist auf dem Weg zur Arbeit. Sie telefoniert mit ihrer Mutter, als Karsten D. an der Haltestelle Flingern zusteigt. Ohne etwas zu sagen, stürzt er mit einem Messer auf die junge Frau zu und schlitzt ihr den Hals auf. Silke E., die das Attentat schwer verletzt überlebte, weinte am Montag im Gericht. „Überall war plötzlich Blut.“ Dann schnappt sich Karsten D. das nächste Opfer. Versucht erneut, eine junge Frau mit dem Messer zu verletzen. Die Türen der Bahn öffnen sich, schreiende Passagiere flüchten.

Silke E. kommt mit einer 6,2 Zentimeter langen Schnittwunde ins Krankenhaus. Der Täter lässt sich widerstandslos von der Polizei festnehmen. Er wirkt verwirrt.

Nach dem Abitur studierte Karsten D. Biologie, zog nach England, um dort seinen Doktor zu machen. Während seiner Forschung begannen die Auffälligkeiten. Karsten D. steigerte sich in den Wahn, dass die Ergebnisse seiner Tests mit Pflanzen der Menschheit schaden könnten. Doch niemand folgte seiner Auffassung. „Den Kollegen passten meine Ergebnisse nicht“, erklärte Karsten D. Er scheiterte mit der Doktorarbeit, zog wieder nach Deutschland.

Er forschte privat weiter, fühlte sich unverstanden. Es folgten mehrere Aufenthalte in der Psychiatrie und auch Behandlungen mit unterschiedlichen Medikamenten, die er teilweise eigenständig absetzte. Er hatte immer wieder Wahnvorstellungen. Karsten D. glaubte, die Nachbarn würden bei ihm einbrechen, seine Computer hacken. Und dass man Experimente mit ihm durchführt. Mit Elektroschocks. „Das hat sich über Jahre entwickelt. Ich versuche meine Probleme herzuleiten und alle Erklärungen werden immer grotesker.“

Und was dachte der Biologe, als er in die Bahn stieg? „Manche Leute wünschen mir den Tod. Ich wollte alles umdrehen, dachte über einen Amoklauf nach. Da habe ich die Kontrolle verloren.“

Der Prozess wird fortgesetzt. BK

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort