Mutmaßliche IS-Terroristin vor Gericht Mutter soll 6-Jährigen in IS-Kindersoldatenlager gegeben haben

Düsseldorf · Nach einigem Zögern hat die Bundesregierung begonnen, deutsche IS-Anhänger aus Syrien zurückzuholen. Bereits vor fast einem Jahr traf eine Frau aus Oberhausen mit drei Kindern am Stuttgarter Flughafen ein. Inzwischen ist sie als mutmaßliche IS-Terroristin angeklagt. Ein Sohn soll ihre IS-Nähe nicht überlebt haben.

Mutter soll 6-Jährigen in IS-Kindersoldatenlager gegeben haben
Foto: dpa/Evert-Jan Daniels

Laut Anklage ließ sie ihren sechsjährigen Sohn vom IS zum Kindersoldaten ausbilden und von der Religionspolizei züchtigen. Der kleine Hamza starb schließlich 2018 in Syrien bei einem Raketenangriff. Von diesem Freitag an muss sich seine Mutter wegen einer ganzen Reihe von Vorwürfen vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht verantworten. Laut Bundesanwaltschaft handelt es sich bei der 32-jährigen Deutschen um eine IS-Terroristin.

Vor fünf Jahren soll sich Carla-Josephine S. heimlich mit ihren drei kleinen Kindern aus Oberhausen nach Syrien ins IS-Gebiet abgesetzt haben - gegen den Willen ihres Ehemannes, der damals beruflich unterwegs war. Die Kinder waren damals drei, sechs und sieben Jahre alt. Das wertet die Bundesanwaltschaft nun als Entziehung Minderjähriger - in Hamzas Fall mit Todesfolge.

Laut Anklage schloss sich die Mutter in Syrien der Frauen-Kampfeinheit „Katiba Nusaiba“ des Islamischen Staates an - und wurde damit IS-Terroristin. Mit dem Besitz einer Handgranate habe sie gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen. Granaten erhielten IS-Kämpferinnen, um im Fall einer Festnahme sich und die Feinde in die Luft zu sprengen.

Die Übergabe ihres kleinen Sohnes an ein militärisches Ausbildungscamp für Kindersoldaten wertet die Anklage als Kriegsverbrechen. Zudem hätten die kleinen Kinder in Unterkünften leben müssen, die bombardiert und beschossen wurden. Ihre Mutter soll sie auch gezwungen haben, sich eine öffentliche Hinrichtung anzuschauen. Ein halbes Dutzend Straftaten listen die Ankläger auf. Der Deutschen drohen nun bis zu 15 Jahre Haft.

Einer ihrer Strafverteidiger ist Jacob Hösl aus Köln, der auch schon am NSU-Prozess beteiligt war. Er wollte vor dem Prozess zu den Vorwürfen nicht Stellung nehmen. Man sei derzeit sehr zurückhaltend, sagte er auf Anfrage.

Bei der 32-Jährigen handelt es sich um eine der ersten mutmaßlichen IS-Anhängerinnen, die mit Hilfe des Auswärtigen Amtes aus dem Nahen Osten zurückgebracht wurden. Anfang April 2019 traf sie am Stuttgarter Flughafen ein und wurde sofort festgenommen - zunächst auf Veranlassung der Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft.

Doch irgendwann waren die Vorwürfe so schwerwiegend, dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernahm. Die Ermittler werfen der Frau nun vor, Deutschland im Herbst 2015 schon mit der Absicht verlassen zu haben, sich der Terrororganisation IS anzuschließen.

In Syrien habe die Oberhausenerin einen IS-Kämpfer geheiratet und mit ihm noch ein Kind bekommen. Der Mann sei inzwischen tot. Seit elf Monaten befindet sich die 32-Jährige in Untersuchungshaft. Im Februar hatte der Bundesgerichtshof deren Fortdauer angeordnet.

Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, man wolle vor allem die Ausreise deutscher Kinder aus Nordsyrien ermöglichen. Dazu sei man auf Mithilfe Dritter angewiesen. Die Voraussetzungen für Rückholungen seien derzeit extrem schwierig.

Vermutlich befänden sich noch bis zu 50 deutsche Männer und etwas mehr deutsche Frauen in syrischen Lagern. Die Zahl deutscher Kinder, die dort vermutet wird, liegt bei 170. Für den Fall der Mutter aus Oberhausen hat das Oberlandesgericht bis Ende April zunächst elf Verhandlungstage angesetzt.

(dpa)
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