Tanzhaus Wie durch einen literarischen Überbau Klamauk zur Kunst wird

Düsseldorf · Eine unterhaltsame Performance des Duos Hartmannmueller im Tanzhaus. Absolut sehenswert.

Das Duo Hartmannmueller

Das Duo Hartmannmueller

Foto: Dennis Yenmez

Er grinst. Öliges Haar, glitzernder Blazer, sitzt der schmierige Entertainer mit einem Keyboard auf den Knien und umrahmt von zwei Lichtsäulen da. Schalkhaft grimassiert er im Takt der Rhythmusmaschine und kokettiert mit dem Publikum. Sein Partner entkleidet sich dabei bis auf die knallgelbe Calvin Klein-Unterhose und wickelt seinen Körper erst in Plastikfolie, dann mit grünem Tape ein. Das Duo Hartmannmueller kennt man schräg, selbstironisch, manchmal auch laut und ein bisschen nervig. In „my saturday went pretty well until I realized it was monday“ aber geben sich Simon Hartmann und Daniels Ernesto Mueller zwar sehr, sehr schräg, dabei aber so herrlich leicht und unterhaltsam wie nie.

Der Stücktitel sagt alles: Chaos im Kopf. Keine Bezüge zu irgendwas. Um Hamlet soll es gehen. Dabei agitiert Mueller gegen Plastikmüll: Zahnbürsten aus Bambus solle man kaufen, und essbare Strohhalme. Vielleicht wollen die beiden dem Dänenprinzen einen Mutterkomplex andichten: Denn Mueller - mit blauer Pappkrone auf dem Kopf, Papp-Armreifen, Papp-Halskette, einem Müllsack um die Hüften als langer Schleppe gebunden und mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit (die Bandagen!) - landet bei seinem Nonsens-Wortschwall, bei dem er das Stottern zu Kunstform erhöht, irgendwann bei der Silber ma-ma und entwickelt daraus eine beeindruckende Mama-Nummer: Er ruft in allen Tonlagen und Rhythmen nach seiner Mutter, entwickelt sich dabei zum Trotzkind. So turnt er an einem Rohr und verlangt voller Stolz nach ihrer Aufmerksamkeit, sitzt wie ein kleiner Junge am Boden und schreit nach seiner Mama. Anschließend agiert er wie ein Affe, mutiert gar zum Automotor.

Daniel Ernesto Müller ist eine großartige Rampensau. Wenn er also wirklich einen Hamlet gibt, dann ist er ein queerer Prinz. Die beiden Künstler sind als Tänzer in der Kompanie von Ben J. Riepe bekannt. Seine exzellenten Qualitäten in dieser Disziplin kehrt Mueller heraus, als er dem Publikum Unterricht im Standardtanz gibt. Wieder eine umwerfende, tuntige Szene. Nachdem er den souveränen Entertainer von hinten lustvoll und nach „Fleisch“ verlangend angegangen ist, trennt er sich von seinem schillernden Kostüm. Mit großer Dramatik wird es in einer Tonne beerdigt.

Am Ende ändert der blaue Prinz den Schriftzug an der Rückwand „My home is my“ in „My hope is my“ und schleicht sich leise davon. Ja, ja, das bisschen literarischer Überbau erhöht den Klamauk zu Kunst. Absolut sehenswert.

Das Stück ist noch am Samstag um 20 Uhr im Tanzhaus zu sehen.

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