„Wir Düsseldorfer“ Wie ein kleines Hotel um seine Zukunft kämpft

Düsseldorf · Nur zwei Gäste, 200 000 Euro Umsatzeinbußen und dann auch noch Betrug bei der Soforthilfe – das familiengeführte Hotel „Haus am Zoo“ will nicht aufgeben.

 Inhaber Otto Leyh leitet das Hotel am Zoo seit 1983. Trotz der Krise bleibt er optimistisch.

Inhaber Otto Leyh leitet das Hotel am Zoo seit 1983. Trotz der Krise bleibt er optimistisch.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Wer bei Otto Leyh auf dem Handy anruft, wird gleich mit seinem Optimismus konfrontiert. Louis Armstrong singt „What a wonderful world“. Die Stimme, die sich schließlich am anderen Ende der Leitung meldet, klingt traurig. „Das Geschäft liegt am Boden“, sagt der 66-Jährige. Das familiengeführte Hotel im Zooviertel kämpft ums Überleben. Selbst für bekennende Optimisten sind es schwere Zeiten.

1946 eröffnete das Hotel an der Sybelstraße, 1983 übernahm Otto Leyh es von seinem Schwiegervater. Das Haus lag dem Hotelfachmann von Anfang an am Herzen. 23 Zimmer hat es, dazu kommen elf Appartements in der Umgebung. Mit Authentizität, Herzlichkeit und Serviceorientierung erarbeitete sich Familie Leyh mit den Jahren viele Stammgäste, die auch in Zeiten wachsender Konkurrenz durch Hotelketten dem kleinen „Haus am Zoo“ die Treue halten. Vor allem Messe-Besucher und Geschäftsreisende sind es, die seit Jahren wiederkommen und dafür sorgen, dass die Auslastung in der Regel bei 80 bis 90 Prozent liegt.

Schon im Januar schaute Otto Leyh kritisch nach China. „Ich sagte zu meiner Frau, wenn Corona nach Europa kommt, können wir uns auf was gefasst machen.“ Dann wurden die ersten Messen abgesagt oder verschoben, täglich gingen Stornierungen ein. Von großen Unternehmern, die ihre Mitarbeiter und Kunden bei den Leyhs einquartieren. „Da waren große Messen dabei. Beauty, Drupa, Interpack, Hair. „Das tat furchtbar weh“, sagt Leyh.

Derzeit hat der Hotelier
genau zwei Gäste

Rund 200 000 Euro Umsatz seien weggebrochen. Auch weil Kunden keine Stornierungssgebühren zahlen wollten. „Wir sind ihnen schon sehr entgegengekommen und von 45 Prozent runter auf zehn Prozent Stornogebühr gegangen“, sagt Leyh. Auch weil viele Kunden bereits für den Zeitraum der neuen Messetermine reserviert haben. „Ein Großkunde aber wehrt sich bis heute massiv und ist nicht bereit, die zehn Prozent zu zahlen. Das ist für uns natürlich ein großes Problem.“

Zwei Gäste hat Familie Leyh aktuell. Einen Stammgast aus Frankfurt, der in Düsseldorf arbeitet und nicht täglich pendeln möchte. Und einen Schweizer Geschäftsmann, der nun schon seit 14 Tagen in einem der Appartements untergebracht ist und bald wieder in seine Heimat zurückkehren will. „Wir dürfen keine Touristen nehmen, es sind ausschließlich Geschäftsleute, denen wir ein Zimmer anbieten können“, erklärt Leyh. Ein Garten hinter dem Haus, ein großer Pool, Ruhe trotz guter Innenstadtanbindung – all die Verlockungen für Düsseldorf-Touristen verfehlen nun in der Corona-Krise ihre Wirkung.

Um eine neue Zielgruppe ins Boot zu holen, setzen andere Hotels wie InterContinental, Meliá, Ibis oder Lindner auf Home-Office-Angebote. Sie werben mit schnellem Internet, Druckservice und Kaffeemaschine. Für Leyh ist das kein praktikabler Rettungsplan. „Das funktioniert vielleicht für die größeren Häuser, wir aber haben keine Nachfragen.“

Acht der zehn Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Der Haustechniker und eine Mitarbeiterin sind vor Ort im Einsatz. Sie kümmern sich mit den sechs Auszubildenden um den Hausputz, um kleinere Instandsetzungen und die Gartenpflege. Ehefrau Sabine Leyh arbeitet von zu Hause, beantwortet das Telefon, nimmt Reservierungen entgegen, macht die Dienstpläne. „Die Kollegen arbeiten in zwei Teams im Schichtmodus“, erläutert Leyh. Damit im Fall einer Ansteckung nicht gleich alle ausfallen.

Beim Gedanken an das Team, an das Verständnis der Angestellten für die Kurzarbeit, an die positive Einstellung und den Zusammenhalt im Haus kommen dem Chef die Tränen. „Am Geburtstag meiner Frau haben sie ein Plakat geschenkt, auf dem sie versichern, dass wir das zusammen schaffen. Sie sind alle bereit durchzuhalten“, sagt er mit brüchiger Stimme. „Ich bin mir der Verantwortung, sie durch diese Krise zu bringen, sehr bewusst.“

Otto Leyh wartet noch
auf die Soforthilfe

Deshalb habe er auch früh Soforthilfe beantragt – allerdings bisher ohne Erfolg. „Andere haben längst ihr Geld, ich habe bis heute nicht mal eine Bestätigung“, sagt er. Leyh ist sich sicher: Er ist auf eine gefälschte Seite geleitet worden, die offensichtlich die Daten der Antragsteller abgreifen wollte. Er hat Anzeige gegen unbekannt erstattet und will sobald wie möglich, erneut einen Antrag stellen. „Bis Ende Mai können wir dann durchhalten, danach wird es haarig“, sagt er.

Mit einem zusätzlichen Kredit will er es im schlimmsten Fall bis zum Ende des Jahres schaffen. „Wenn wir dieses Jahr nicht überstehen, dann müssen wir das Haus schweren Herzens verkaufen.“. Ein schrecklicher Gedanke für den 66-Jährigen, der doch bereits in seiner Angestellten eine Nachfolgerin gefunden hat. „Wenn wir so in finanzielle Schieflage geraten, würde sie das Haus auch nicht übernehmen können oder wollen.“

Doch daran will Otto Leyh noch nicht denken. „Das ist nicht unsere erste Krise. Und wir sind nach 40 Jahren immer noch hier“, sagt er und klingt nun schon fast optimistisch. Auch wenn die Corona-Krise definitiv die bisher größte Herausforderung sei.

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