Meinung Schreckgespenst Negativzins - Sparer müssen sich wohl selbst helfen

Meinung | Berlin · Von der Bundesregierung können sich Sparer in Deutschland nicht viel erhoffen, denn der Staat profitiert kräftig vom Null- bis-Negativzins-Niveau. Es ist Zeit sich von traditionellen Geldanlagen zu verabschieden.

 Symbolbild

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Foto: C3574 Michael Rosenfeld

Es ist schon ein Jammer: Was einst als große Tugend galt, droht immer mehr zur Farce zu werden. Das Sparen. Millionen brave Bundesbürger haben viele Milliarden angelegt,  für die sie kaum oder gar keine Zinsen mehr bekommen. So manches Altersversorgungskonzept hat sich deshalb schon in Luft aufgelöst. Und nun geht auch noch das Gespenst  des Negativzinses um. Wer spart, müsste also sogar noch draufzahlen, anstatt von seiner Geldanlage zu profitieren.  Verkehrte Welt. Da werden viele sicher froh sein, dass sich kein geringerer als der Bundesfinanzminister darum kümmern will, diese Welt wenigstens wieder ein bisschen gerade zu rücken. Olaf Scholz lässt jetzt prüfen, ob Banken dazu verdonnert werden können, Kleinsparern nicht auch noch drohende Strafzinsen aufzubrummen. Sonderlich viel Hoffnung sollte man darauf allerdings nicht verwenden.

Bekanntlich ist die D-Mark schon seit langem vom Euro abgelöst worden. Geldpolitik wird also nicht mehr national gemacht, sondern europäisch. Bereits daran lässt sich erkennen, dass sich die Ankündigung von Scholz wohl eher als Totgeburt entpuppen wird. Vielmehr leiten den Kassenwart politisch-taktische Motive. Schließlich hat CSU-Chef Markus Söder die Forderung nach einem Strafzinsverbot für alle Spareinlagen bis 100 000 Euro aufgebracht. Da will die SPD nicht zurückstehen. Dass sich der Staat zum Banker aufschwingt, erinnert bei nüchterner Betrachtung übrigens tatsächlich an die DDR. Dort gab es einen festen Einheitszins auf alle Spareinlagen, völlig losgelöst vom wirtschaftlichen Umfeld.

Anstatt sich hoffnungslos zu verkämpfen, sollte die Bundesregierung besser überlegen, wie sich Sparern wirklich helfen lässt. Denn der Staat verdient ja prächtig am Null- bis-Negativzins-Niveau. Wer ihm Geld borgt, macht schon jetzt Verluste. Umgekehrt könnte der Staat mit der Zinsersparnis, die sich besonders in den letzten Jahren zu stattlichen Milliarden-Gewinnen aufgetürmt hat, beispielsweise die Riester-Förderung stärken auflegen.

Nach Lage der Dinge werden sich die Sparer aber wohl selbst helfen müssen. Dazu gehört schon jetzt, sich eine andere Bank zu suchen, wenn das angestammte Geldinstitut kräftig an der Gebührenschraube dreht. Denn letztlich ist das auch eine Art negativer Zins. Und dazu gehört die Einsicht, dass traditionelle  Anlagen wie Sparbücher oder Bausparverträge praktisch gar nichts mehr abwerfen und man sich deshalb wohl auch stärker mit unsicheren Anlagen wie Aktien oder Aktienfonds vertraut machen sollte. Langfristig haben viele von ihnen zu ansehnlichen Renditen geführt. Hier ist Deutschland noch ein Entwicklungsland.

 Stefan Vetter

Stefan Vetter

Foto: k r o h n f o t o . d e
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