Meinung Die fehlenden Kita-Kräfte in NRW: Das ist kein „Gedöns“ mehr

Meinung | Düsseldorf · Die Betreuungsangebote für Kinder in Kindertagesstätten sind seit Jahren Anlass für Kritik. Was an fehlender Weitsichtigkeit und Prioritätensetzung von Politik liegt: Spätestens, als Gerhard Schröder mit den Hartz IV-Gesetzen die Liberalisierung auf dem Arbeitsmarkt angeschoben hat, hatte man nur unzureichend auf dem Schirm, dass über die Ansprüche nach Flexibilität der Arbeitnehmer auch über mehr und flexiblere Kinderbetreuung nachgedacht werden muss.

 Juliane Kinast

Juliane Kinast

Foto: Sergej Lepke

Eine(r) arbeitet, eine(r) bleibt zuhause – das funktioniert vor allem in deutschen Großstädten schon lange nicht mehr.

Seither läuft die Familienpolitik der Musik hinterher. Dazu gesellen sich eine deutlich höhere Geburtenrate als berechnet. Die NRW-Schulpolitik mag ein Lied davon singen.  Und es kommen vor allem seit 2015 mehr Kinder durch Einwanderung und Flucht nach Deutschland, als das die errechnete Grundlage vorgesehen hatte. Die Zahl der betreuten Kinder stieg von 2008 bis 2017 um 481 000 auf 3,5 Millionen. Insbesondere die Betreuung von Kindern unter drei Jahren hat zugelegt und sich mehr als verdoppelt (+106 Prozent). Bis man dann noch ernst genommen hat, dass das Kümmern um Nachwuchs von Kindesbeinen gesellschaftspolitisch durchaus sinnvoll sein kann, war die Krise längst da: Seither rennt die Politik einem neuen Anspruch hinterher, der alte Denkmuster (Familienpolitik als „Gedöns“) erst einmal verdrängen muss. Dazu gehört eine bessere Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern,  logisch, weil bei allem Idealismus im Beruf bestimmte Bedürfnisse schlicht nicht zu ignorieren sind.

In NRW gehört aber auch zur Wahrheit, dass nicht so sehr der politische Wille im Familienministerium fehlt, sondern die Fachkräfte, die man erst ausbilden muss. Klar ist: Für deren bessere Bedingungen muss die Regierung glaubwürdig kämpfen. Denn Politik ist Reaktion auf Veränderung.

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