Meinung Mord und Drohungen gegen Politiker - Was der Nährboden der Gewalt ist

Meinung · Faschisten und Antifaschisten rüsten auf. Sie wollen sich prügeln. Manche wollen am liebsten töten. Sie leben in ihrer eigenen Denk- und Wutwelt. Aber sie sind auch zum Hass angestachelt worden.

 Özdemir hat nach einem Medienbericht mutmaßlich von Rechtsextremisten eine E-Mail mit einer konkreten Todesdrohung erhalten. Die Liste der Politiker, die Morddrohungen erhalten wird länger.

Özdemir hat nach einem Medienbericht mutmaßlich von Rechtsextremisten eine E-Mail mit einer konkreten Todesdrohung erhalten. Die Liste der Politiker, die Morddrohungen erhalten wird länger.

Foto: dpa/Christoph Schmidt

Man kann nur hoffen, dass der Personenschutz gut arbeitet. Ein einziger schwerer Nazi-Anschlag auf einen Politiker von Grünen, Linken oder SPD, und Weimar wäre plötzlich wieder ganz nah. Mit Straßenschlachten zwischen Rechten und Linken. Mit weiteren Anschlägen und Racheaktionen. Die Gefahr ist real. Das zeigen die Drohungen gegen die Grünen Cem Özdemir und Claudia Roth. Oder der Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke. In Bremen der Anschlag auf AfD-Mann Frank Magnitz. Faschisten und Antifaschisten rüsten auf. Sie wollen sich prügeln. Manche wollen am liebsten töten.

Die, die so handeln oder davon träumen, sind abgekoppelt von jedem normalen Diskurs. Sie leben in ihrer eigenen Denk- und Wutwelt und der ihrer Gruppe. Sie suchen Bedeutung in der Gewalt. Aber sie sind auch zum Hass angestachelt worden.

 Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Foto: nn

Und hier beginnt die Verantwortung derer, die nicht inkognito sind, sondern die inzwischen in den Parlamenten sitzen oder Twitter-Accounts bedienen. Solche gibt es auch bei linken Parteien, wenn sie es gutheißen, dass ein ziemlich harmloser Professor wie Bernd Lucke keine Vorlesung mehr halten kann, weil er mal die AfD als Anti-Euro-Partei gegründet hat, was er heute selbst bedauert. Das Hauptproblem aber liegt Rechts. Hier geht es direkt gegen Leib und Leben. Und hier wächst das Gewaltpotential rasant.

Was denkt denn wohl Alice Weidel, wie es auf frustrierte Jungnazi-Horden in den Dörfern wirkt, wenn sie mit großem Hass jede einzelne Straftat eines Ausländers auf Twitter auswalzt? Vor allem, wenn es Sexualstraftaten sind. Was vermutet Björn Höcke, wie seine Umvolkungs-Thesen bei schwerst gestörten Menschen wie dem Hallenser Attentäter ankommen, und sein Wort, dass man jetzt „wohltemperierte Grausamkeiten“ brauche? Wo endet es,  wenn die Wahl des diesjährigen Nürnberger „Christkinds“ von einer AfD-Gliederung mit der Ausrottung der Indianer verglichen wird, weil das Mädchen, ein Nürnberger Kind, eine leicht braune Hautfarbe hat?

Man kann nicht mehr übersehen, dass es einen Zusammenhang gibt: Je radikaler bei der AfD geredet wird, je stärker sich dort der mit den Neonazis sympathisierende, offen rassistische Höcke-Flügel durchsetzt, umso mehr trauen sich auch Gewalttäter aus ihren Löchern. Sie wähnen sich im Widerstand. Und sie fühlen sich nicht mehr allein, sondern rechnen mit klammheimlicher Anerkennung für ihre Taten. Die bundesweite Überwachung des Höcke-Flügels der AfD und seiner Untergruppen durch den Verfassungsschutz ist mehr als überfällig. Gegebenenfalls auch ein Verbot.

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