Eklat bei HSV gegen Fortuna Zu viel Raum für Rassismus

Meinung · Während der Begenung zwischen dem Hamburger SV und Fortuna sind Khaled Narey und Bakery Jatta offenbar aufs Übelste rassistisch beschimpft worden. Die Vereine haben die Vorfälle verurteilt, der Verband ermittelt. Aber es muss deutlich mehr passieren, um Rassisten aus den Stadien zu drängen.

 Khaled Narey von Düsseldorf (l) und Patrick Schmidt von Ingolstadt kämpfen um den Ball.

Khaled Narey von Düsseldorf (l) und Patrick Schmidt von Ingolstadt kämpfen um den Ball.

Foto: dpa/Armin Weigel

Der Fußball hat wieder fast vollständig seine Tore für die Fans geöffnet. Und, Überraschung, nicht nur die Vernünftigen sind zurück auf ihre Plätze gekehrt. In deutschen Stadien haben sich vor der Pandemie rechte Gruppierungen zum Teil recht ungeniert breit gemacht und mit ihnen viele Unterstützer dieser Gesinnung. Sie haben sich tatsächlich auch davon nicht abschrecken lassen, dass irgendwo auf dem Gelände schicke Banner aufgehängt worden sind, auf denen für Toleranz geworben wird.

In Hamburg haben sie nun mal wieder zugeschlagen. Nicht die eine Gruppe. Man erkennt sie oft nicht an einem Haarschnitt, an einem bestimmten Kleidungsstück. Der alltägliche Rassismus ist mitunter schon so tief in der Gesellschaft verankert, dass ein Vater neben seinem Sohn plötzlich aufsteht und sein Gegenüber nach Art des Hauses durchbeleidigt. Oder eine Frau Hasstiraden anstimmt, die man ansonsten als „unauffällig“ beschreiben würde.

Sie sind da. Und sie haben keine Angst, ihre Hetze in die Welt zu brüllen. Beim sogenannten Topspiel zwischen dem HSV und Fortuna wurden offenbar Khaled Narey (Düsseldorf) und Bakery Jatta (Hamburg) aufs Übelste beleidigt. Ihnen wurden kranke Dinge an den Kopf geworfen – dazu auch Gegenstände wie Bierbecher. Und nun? Die Vereine haben einmal kräftig den Zeigefinger gehoben. Sowohl der HSV als auch Fortuna verurteilen, so heißt es in entsprechenden Mitteilungen, die Vorfälle. Der DFB
ermittelt.

Wem bringen solche Verlautbarungen etwas? Wem die Ermittlungen, die oft mit einer Geldstrafe abgeschlossen werden? An dieser Stelle kommt gerne der Verweis, man könne ja nicht viel mehr machen. Die Identifizierung der entsprechenden Täter gestaltet sich tatsächlich oft kompliziert. Die Frage ist nur: ist alles unternommen worden, um derartige Ideologien aus den Stadien zu drängen?

Ist alles gemacht worden, um ein Umfeld zu schaffen, bei dem Zeugen sicher sein können, dass ihre Hinweise vertrauensvoll entgegengenommen werden – und auch etwas geschieht? Sind Ordner willens, Rassisten als solche zu identifizieren und nicht lieber doch wegzuhören. Pöbeln gehört doch zur Fußball-Folklore?

Stimmt. Unterstellungen helfen niemanden weiter. Vielfach wird sicher gute Arbeit geleistet. Nur: Man hat nicht das Gefühl, das konsequent gehandelt wird.

Es wäre wünschenswert, wenn die Opfer den Mut aufbringen könnten, sofort zu protestieren. Sie scheuen diesen Schritt oft, weil sie wissen, dass sie so noch mehr zur Zielscheibe werden. Denn wie reagiert der Schiedsrichter? Wie reagieren die anderen Spieler auf dem Feld? Sind sich alle schon auf dem Rasen einig, den Dienst unter diesen Umständen einzustellen?

Weil man eben nicht damit vor Rassisten kapituliert, sondern weil man damit jene aufwecken will, die daneben oder dahinter stehen. Weil man will, dass es einen Aufstand gegen jene gibt, die dieses Spiel nur missbrauchen, um ihren Hass zu verbreiten.

Und genau solche Menschen gehören ausgeschlossen. Nicht nur aus Stadien.

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