Michael Mittermeier: „Darwin funktioniert in der Comedy ganz hervorragend“

Im Interview spricht der Komiker über miserable Kollegen, seine harten Anfangsjahre und sein Bauchgefühl. Im Oktober spielt er in Krefeld.

Die schönste Anekdote über Sie besagt, dass Ihre Karriere bei einem U2-Konzert angefangen hat. Ist das eine Internet-Legende?

Michael Mittermeier: Das ist keine Legende. Ich war 1987 auf einem U2-Konzert in München, stand als großer Fan in der ersten Reihe. Bono hat sich auf der Gitarre verspielt und gefragt, ob es jemand besser kann. 2000 Leute schrien "Ich!", aber mich hat Bono angeguckt und auf die Bühne geholt. In diesem Moment im Juli 1987 habe ich gemerkt: Es gibt keine Alternative für mich. Ich bin Künstler und sonst nichts.

Mittermeier: Es war wie eine Offenbarung. Du kriegst ein Bauchgefühl, das du nie wieder wegdiskutieren kannst - auch wenn du wochenlang im Kopf Probleme hin und her wälzt.

Mittermeier: Nach diesem Tag habe ich nie wieder gehadert, ob ich das Richtige mache - obwohl die ersten zehn Jahre Tournee echt hart waren. Ich hatte wenig Zuschauer und wenig Geld.

Mittermeier: Wenig Geld bekommen, wenig Geld ausgeben - das ist das einfache Prinzip. Ich bin immer durchgekommen. Ich habe nie verstanden, warum Kabarettisten jammern. Selbst wenn sie abends vor 40 Leuten spielen, verdienen sie so viel Geld wie jemand, der kellnert. Und der hat den härteren Job.

Mittermeier: Ich spiele nicht immer das Gleiche. Ich bin einer der wenigen Kollegen, der sein Programm ständig ändert. Das ist mein Dank an die treuen Fans, die mehrmals kommen und immer wieder etwas Neues sehen. Wenn ich im Oktober nach Krefeld komme, wird die Bundestagswahl passé sein - das bietet jede Menge Stoff für mich. Außerdem reduziere ich von Jahr zu Jahr mein Pensum: Ich habe eine kleine Tochter, die will Papa sehen.

Mittermeier: Null. Ich liebe den Scheiß. Tour ist nicht Arbeit, sondern Lebenseinstellung. Ich halte es nicht aus, nicht auf der Bühne zu stehen. Erst wenn du anfängst, zu viel zu touren und nur wegen des Geldes zehn Hallen dranzuhängen, dann wirst du müde.

Mittermeier: Glück hält dich nicht zwölf Jahre lang ausverkauft. Ich habe hart für den Erfolg gearbeitet. Heute ist das oft anders: Da kommt ein junger Comedian, der hat gerade mal 20 Minuten Programm, dann schnappt ihn ein Privatsender und versendet ihn. Danach ist die Sache erledigt. Bei mir merken die Leute eine Beständigkeit in der Qualität und vor allem Spielfreude. Wenn ich Spaß habe, haben auch die Zuschauer Spaß.

Mittermeier: Es gibt nie zu viele Komiker, weil sich das Geschäft von selbst regelt. Darwin funktioniert in der Comedy hervorragend. Gute Leute wie Otto oder Kerkeling halten sich über Jahrzehnte - wer schlecht ist, verschwindet.

Mittermeier: Manche Kollegen tun mir eher Leid. Die stehen mit einer totalen Grütze im Fernsehen, und trotzdem guckt eine Million Leute zu, kurz vorm Wegpennen. Wer mit so wenig Energie und so viel Lustlosigkeit Comedy macht, bekommt allerdings die Fans, die er verdient. Das sind Leute, die es sonst gerade noch schaffen, zu Hansi Hinterseer zu gehen.

Mittermeier: Seit zehn oder zwölf Jahren. Ich werde irgendwann einen Kinofilm machen, aber bisher war nichts Passendes dabei. Nenn’ die Summe, ich habe sie angeboten bekommen. Aber ich brauche eine Vision, etwas, das mich künstlerisch weiterbringt. Vielleicht bin ich ja auch wie Loriot über 60, wenn ich meinen ersten Kinofilm mache. Hoffentlich bin ich bis dahin noch lustig.

Mittermeier: Das war ein großes Kompliment von einem großen Mann. Ehrlich gesagt: Ich würde mir das zutrauen. Ich habe bewiesen, dass ich Polit-Kabarett machen kann. Ich mische es einfach gerne mit Comedy, weil ich mich als Unterhalter sehe. Langweiliges Kabarett ist schließlich auch nicht besser als langweilige Comedy.

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