Heiße Liebe zum Käfer Luzie

Ihr Opa Fritz schenkte Anne Hauenstein ihr erstes Auto. Die Fahrten in dem Cabriolet gaben ihr das Gefühl von Freiheit.

Krefeld. Anne Hauenstein musste sich gegen einige Konkurrenten durchsetzen, als sie sich 1980 ihr erstes Auto kaufte. Sie studierte damals Sozialpädagogik in Mannheim. Über eine kostenfreie Annonce fand sie ihren ganz persönlichen Traumwagen: Ein hellblaues VW Käfer-Cabriolet.

„Obwohl der Wagen heiß begehrt war, konnte ich ihn ergattern“, erinnert sich Anne Hauenstein. Der Käfer war zu diesem Zeitpunkt bereits 20 Jahre alt und kostete 3000 D-Mark. Das Geld bekam Hauenstein von ihrem Großvater Fritz.

Die erste Fahrt mit dem Auto ging ins Sauerland, ihren Opa Fritz nahm sie natürlich mit. „Er hat uns in Iserlohn Champagner spendiert, weil er sich so sehr mit mir gefreut hat“, sagt Anne Hauenstein.

Ohnehin sei ihr Großvater für sie immer ein wichtiger Mensch gewesen. „Er war ziemlich links und wurde in der Nazi-Zeit aus seinem Job im Bergbau entlassen“, erklärt Anne Hauenstein. Trotz dieser Erfahrung sei er immer sehr gradlinig geblieben und deshalb ein Vorbild für sie gewesen.

Hauenstein taufte den Käfer auf den Namen „Luzie“. „Daran kann man sehen, dass ich dieses Auto heiß geliebt habe“, meint die 55-Jährige. Sie sei jung gewesen und es habe ihr noch alles im Leben offen gestanden. Da habe ein Cabrio genau gepasst, weil es im wahrsten Sinne des Wortes offen war und die Haare durch die Luft fliegen konnten. „Es fühlte sich so an, als könne mich nichts einengen“, sagt Anne Hauenstein.

Die erste große Fahrt mit „Luzie“ hatte jedoch nichts mit dem Gefühl von großer Freiheit zu tun. Vielmehr wollte Anne Hauenstein damit die Trennung von ihrem damaligen Freund verarbeiten. „Ich dachte, wenn ich am Meer sitze, kann ich richtig losheulen und alles hinter mir lassen“, erinnert sie sich.

Doch ihre Freunde wollten sie auf andere Gedanken bringen und kamen mit. „Ich habe das genossen, aber ich habe dann zu Hause zu Ende geweint.“ Da der Käfer oft defekt war, musste er immer wieder instand gesetzt werden. Hauenstein: „Ich habe natürlich versucht, so viel wie möglich selber zu reparieren.“

Bis heute ist die 55-Jährige stolz darauf, die komplette Auspuff-Anlage ausgetauscht zu haben. „Das ist sogar nach Meinung von Fachleuten bei einem Käfer nicht ohne.“

Allerdings musste sie auch immer wieder um Hilfe bitten, vor allem, wenn ihr das entsprechende Werkzeug fehlte. Ein besonders unangenehmes Erlebnis hatte Anne Hauenstein, als sie zum Comer See fahren wollte und in einem Schweizer Tunnel steckenblieb: „Das war entsetzlich.“ Das Fahrzeug wurde aufwendig hinausgeschleppt.

Auch die letzte Fahrt zu einem Theaterfestival in München in Begleitung einer Freundin verlief problematisch: Mehrere Male musste Anne Hauenstein auf dem Weg an Tankstellen halten, weil das Fahrzeug nicht mehr weiterfuhr. „Immerhin hat ,Mann’ uns zwei jungen Frauen dabei gerne geholfen“, sagt Anne Hauenstein und lacht.

Da Ersatzteile nur schwierig zu bekommen waren und das Verdeck undicht wurde, trennte sich die heutige Kinder- und Jugendtherapeutin 1982 schweren Herzens von ihrer „Luzie“.

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