Natur erobert den Eskesberg zurück

Einst Steinbruch und dann Deponie: Das Gelände ist heute fast ein Paradies.

Varresbeck. Kaum ist der Frühling da, kaum scheint die Sonne wieder für mehrere Stunden am Stück, erwacht das Leben auf dem Eskesberg. Die ersten Pflanzen blühen, Bienen und Schmetterlinge ziehen ihre Bahnen und auch die Menschen nutzen die ersten warmen Stunden des Jahres, um mit ihren Hunden spazieren zu gehen oder einfach die Natur zu genießen.

„Es ist sehr positiv, wie gut sich das Ganze hier entwickelt hat. Damit konnte man nicht rechnen“, sagt Wolf Stieglitz, Vorsitzender des Naturwissenschaftlichen Vereins Wuppertal, der die Rekultivierung des Areals seit Jahren begleitet. Auch die Biologin Karin Ricono, beim städtischen Ressort Umweltschutz für den Artenschutz zuständig, ist begeistert und nennt das Projekt eine „Erfolgsgeschichte“.

Denn dort, wo heute wieder die Natur das Sagen hat, sah es vor nur sechs Jahren noch ganz anders aus. Braun war die vorherrschende Farbe. Denn mehr als 150 Jahre lang rückte die Pflanzen- und Tierwelt auf dem Eskesberg komplett in den Hintergrund.

Von 1850 bis 1956 wurde dort Kalkstein abgebaut. Zwei 30 Meter tiefe Steinbrüche prägten ein Jahrhundert lang die Wuppertaler Nordhöhe. Nur ein Jahr nach der Stilllegung in den 50er Jahren übernahm die Stadt das Areal, ließ es mit Grundwasser füllen und gab es als Badesee frei. Nur kurze Zeit später konzipierte die Stadt das Gebiet um und errichtete eine Mülldeponie. Bis in die 70er Jahre wurden die Gruben mit 2,5 Millionen Kubikmeter Hausmüll und Bauschutt verfüllt.

Dennoch dauerte es noch 30 Jahre, bis 2005 der Eskesberg wieder begehbar wurde. 3,2 Millionen Euro kostete die Sanierung. Seitdem deckt eine Spezialplane die ehemalige Mülldeponie ab. Darüber wurde eine ein Meter dicke Schicht aus humus- und nährstoffarmen Boden geschüttet.

Nur sechs Jahre später ist von der bewegten Geschichte des Gebietes nicht mehr viel zu sehen. Lediglich ein gutes Dutzend Messstellen für aus der Deponie austretendes Gas erinnert noch an die frühere wirtschaftliche Nutzung des Eskesbergs.

Rundherum hat sich in kürzester Zeit eine für die Region einzigartige Tier- und Pflanzenwelt gebildet. Nun leben hier mehr seltene Käfer, Libellen, Bienen und Grashüpfer als vor der Rekultivierung. Auch bedrohte Pflanzen wie der Sumpf-Teichfaden oder das bewimperte Mastkraut finden sich auf dem Eskesberg. Insgesamt gibt mehr als 200 Arten. Und das nicht durch künstliche Ansiedelung, sondern von allein. „Wir standen vor der Frage, ob wir nachhelfen oder die Natur einfach machen lassen“, erinnert sich Hubert Nobis vom städtischen Umweltschutz. Sie ließen die Natur machen. Und die entwickelte sich prächtig. Nicht umsonst spricht seine Kollegin Karin Ricono von einem „Leuchtturmprojekt“, das Vorbild für andere Rekultivierungen werden kann.

Besonders stolz sind die Umweltschützer auf die Vielfalt an Wildbienen. 44 Arten leben auf dem Eskesberg und haben dafür ein eigenes „Hotel“ bekommen. Sie sind dieser Tage wieder unterwegs. Genau wie die Wuppertaler, die ihren Eskesberg wieder zurück haben.

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