Rammlerschau: Von weißen Spürhaaren, Kinnbacken und Hinterläufen

Viele Tierfreunde staunten und kauften am Wochenende in der Begegnungsstätte.

Sprockhövel. Die Einen räkeln sich behaglich, fast schon lasziv, in einer Ecke ihres Käfigs. Die Anderen nehmen einen Schluck Wasser, einen Bissen Rübe, ein Mäulchen voll Futterpellets. Der Rest beobachtet mit schwarzen Kulleraugen das rege Treiben vor den Gitterstäben.

Von dort gibt es ebenfalls neugierige Blicke: Zahlreiche Tierfreunde sind zur 32.Rammler- und Erzeugnisschau der Vereine W 541 und w 452 Stüter gekommen, um die knapp 140 Rassekaninchen aus dem gesamten Ennepe-Ruhr-Kreis zu begutachten.

Hier und da schiebt sich ein Finger zum weichen Fell, erklingt es von Tochter oder Sohnemann: "Mama, das da ist aber süß!" In der Tat sind die kleinen Zuchttiere niedlich anzuschauen: Schwarze Rexe, Zwergwidder und Farbenzwerge. Im anderen Raum tummeln sich wesentlich größere Exemplare, Thüringer, Blaue Wiener, Alaska, Deutsche Riesen. Der größte Rammler bringt es auf 7,1 Kilogramm.

Der Zweck der zweitägigen Schau am Wochenende ist allerdings nicht die Unterhaltung des Publikums. Die Tiere sind sorgfältig gepflegt, die Züchter verwenden viel Zeit, um sie für ihre Wettbewerbe - es sind meist mehrere im Jahr - herzurichten. Heinz Werner Schöneberg etwa beschäftigt sich jeden Tag rund zwei Stunden mit seinen 24 Lohkaninchen. Zwei davon hat der 73-Jährige zur Schau mitgebracht, namenlos sind sie, nur seine Enkelkinder nennen sie "Tim" und "Moritz". "Der Rest ist im Haarwechsel", sagt er.

Das gäbe Punktabzug bei der Rasse-Schau, denn das Fell muss strenge Kriterien erfüllen, wie der Züchter erklärt: "Die Augen müssen sauber umrandet sein, die weißen Spürhaare dürfen sich nicht mit den dunklen mischen, die Kinnbackeneinfassung muss sauber sein." Auch dort, im braunen Fell am Kaninchenkopf, dürfen sich keine weißen Härchen dazwischen mogeln. Die zupft Schöneberg mit der Pinzette, den Spürhaaren rückt er mit dem Seilschneider zu Leibe.

Tut das weh? "Die mucken nicht", sagt der 2. Vereinsvorsitzende des W 541 Stüter. Und er hat Erfahrung: Seit 40 Jahren ist er dabei, hatte in Spitzenzeiten 90 Kaninchen in der Zucht. "Wir achten streng auf artgerechte Haltung, genügend Auslauf, das richtige Futter und die Erblehre." Nur, wenn man die richtigen Tiere kreuzt, erhält man den gewünschten hochwertigen Nachwuchs. Die Lohkaninchen bewertet die zweiköpfige Fachjury mit "hervorragend": 96,5 Punkte, Abzug gab’s wegen "etwas wenig Unterwolle".

Sieger der Schau ist ein grau-weißer Kleinchinchilla vom Vereinsvorsitzenden Jürgen Vogelbruch. "Vorzüglich", lobt die Jury. Auch in der Kategorie "8beste Tiere eines Vereins" hat W 541 Stüter die Nase vorn. Vogelbruch ist zufrieden: "Kaninchenzüchter werden ernst genommen. Der Kreis unterstützt uns, nicht nur Golf- und Tennisvereine." Landrat Arnim Brux bestätigte das in einer Rede vor Ort. Dass sich übrigens auch die Jugend engagiert, zeigen die acht Junior-Mitglieder des Vereins.

Parallel zur Rasse-Schau präsentierte die Handarbeits- und Kreativgruppe, was aus Rassekaninchen wird, die sich nicht mehr für den Wettbewerb eignen und lebend weder an Züchter noch Privatleute verkauft werden: Teppiche, Pullover, Mäntel und Kuscheltiere. Das Fleisch der Kaninchen landet im Kochtopf. Vogelbruch: "Für uns ist das ganz normal. Wir essen das saubere mit großem Appetit, denn wir wissen genau, woher es kommt - eben aus unserer eigenen Zucht."

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