Fußball Das Leiden in der Landesliga

Rhein-Kreis · Analyse Frust bei den beiden besten Teams des Fußballkreises 5: Der SC Kapellen hat das Aufstiegsrennen quasi schon abgehakt, der Holzheimer SG droht sogar der Abstieg. Eine bittere Bilanz nach der Hinrunde.

 Nach der höchst unbefriedigenden Hinrunde tröstet Nils Mäker den enttäuschten Goalgetter Alexander Hauptmann.

Nach der höchst unbefriedigenden Hinrunde tröstet Nils Mäker den enttäuschten Goalgetter Alexander Hauptmann.

Foto: HUBERT WILSCHREY HWFotos.de

. Mitunter reicht ein einziger Satz, um Monate voller Schweiß, Frust und Enttäuschung auf den Punkt zu bringen. Vor dem Start in die Rückrunde der Landesliga am Sonntag sendet Holzheims Trainer Stefan Schellenberg seinen dicken Stoßseufzer mit diesen Worten zum eisigen Winterhimmel: „Es wäre schon schön, wenn in der nächsten Saison neben Kapellen noch ein anderer Verein in der Landesliga spielen würde.“

Damit ist über die erste Serie der vermeintlich besten Teams im Fußballkreis 5 Grevenbroich/Neuss eigentlich alles Wesentliche gesagt: Der (vollkommen zu Recht) mit großen Ambitionen in die Spielzeit 2019/2020 gestartete SC Kapellen ist bei einem Rückstand von elf Punkten auf Platz zwei (bis zur Spitze sind es sogar 13 Zähler) längst raus aus dem Aufstiegsrennen, kann nach dem Abstieg aus der Oberliga 2017 als Tabellendritter schon jetzt für seine vierte Spielzeit in der sechsthöchsten Liga planen. Fünf Kilometer weiter Richtung Erftmündung wäre das ein Grund zum Feiern. Die Holzheimer SG ist im Meisterschaftsbetrieb seit sechs Spielen ohne Sieg, hat von 17 Partien ohnehin nur drei gewonnen und schwebt als Tabellenvorletzter in akuter Abstiegsgefahr. Übersteht die HSG ihr zweites Jahr nach dem Aufstieg nicht, wäre der Kreis 5 mit seinen rund 20 000 Mitgliedern 2020/2021 nur dann mit mehr als einem Verein in der Landesliga vertreten, wenn der VfL Jüchen/Garzweiler die sofortige Rückkehr aus der Bezirksliga schafft. Zukünftige (Landesliga-)Hoffnungen des so wirtschaftsstarken Rhein-Kreises mit seinen knapp 450 000 Einwohner, von denen etwa 24 000 Fußball spielen, ruhen außerdem auf dem FC Büderich (Kreis 1 Düsseldorf) und Teutonia Kleinenbroich (Kreis 4 Mönchengladbach/Viersen). Wer hier Oberliga-Fußball sehen will, muss nach Lank oder Bösinghoven fahren, wo der TSV Meerbusch (Kreis 6 Kempen/Krefeld), dessen Zweitvertretung in der Landesliga kickt, zu Hause ist.

Doch zurück zum SCK, trotz seiner unübersehbaren Probleme – sowohl die B- als auch die C-Junioren belegen in der Niederrheinliga den letzten Platz – mit Abstand leistungsstärkster Verein im Fußballkreis 5. Dass es mit dem Aufstieg in die Oberliga auch im zweiten Anlauf nicht klappen wird, könnte auch an der Atmosphäre im und rund ums ehemalige Erftstadion liegen.

Zum Vergleich: Als sich Kapellen in der Saison 2003/2004 unter Trainer Horst Steffen anschickte, nach vielen vergeblichen Anläufen endlich in die Verbandsliga aufzusteigen, fieberte das ganze Dorf mit, begleiteten knapp 1000 Fans die Mannschaft zum entscheidenden Match beim VfB Hüls (5:0). Zum Derby gegen den TuS Grevenbroich pilgerten gut 400 Kapellener ins Schlossstadion, das Topspiel gegen den TSV Bayer Dormagen fand vor vierstelliger Kulisse statt.

Von dieser Euphorie ist aktuell nichts mehr zu spüren. Stattdessen gibt’s nach Niederlagen Spott und Häme – selbst von den treusten Anhängern. Und das will dem Sportlichen Leiter Jörg Ferber einfach nicht in den Kopf: „Bei uns spielen – bis auf ganz wenige Ausnahmen – doch nur Fußballer aus dem Rhein-Kreis. Das ist keine mit einem großen Etat zusammengekaufte Mannschaft.“ Gut möglich aber, dass die überkritische Stimmung, von vielen festgemacht am in Kapellen seit seinem Amtsantritt im Frühjahr 2017 bestenfalls geduldeten Trainer Oliver Seibert, einen negativen Einfluss auf den Teamerfolg hat. Wie stellte doch der am 17. März verstorbene Ehrenvorsitzende Jupp Breuer bei der Aufstiegsfeier 2004 so treffend fest: „Wenn man sieht, was hier los ist, dann hat sich die Arbeit auch gelohnt. Für das ganze Dorf, für die ganze Region war der Aufstieg nach so langen Jahren enorm wichtig.“

Viel klarer auf der Hand liegen die Schwierigkeiten in Holzheim: „Schon im letzten Jahr war es eine Überraschung, dass wir mit dieser Mannschaft und diesen Strukturen den Klassenerhalt geschafft haben“, schickt Schellenberg erklärend voraus. Prompt verlor der Neuling in Nico Bayer, Yannick Joosten, Thorsten Linnemeier und Benedikt Hambloch wichtiges Personal. In der laufenden Saison musste die HSG lange ohne unverzichtbare Stammspieler wie Kapitän Pascal „Calli“ Schneider und Steven Dyla auskommen, in Tom Nilgen, Marcus Buchen und Fabio Dittrich fallen Korsettstangen seit Monaten aus. Auch Chefcoach Guido van Schewick verordnete sich eine dringend benötigte Auszeit. Unter seinen Assistenten Stefan Schellenberg und Thomas Rodoniklis spielt die Mannschaft weiterhin attraktiv. Und darum hofft Schellenberg: „Das Glück kommt irgendwann zu uns zurück!“

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