Moby Dick: Die Faszination Wal

Selbst am Niederrhein spielten die Meeressäuger eine große Rolle. Forscher Klaus Barthelmess berichtete darüber in Kempen.

Kempen. Klein war die Anzahl der Zuhörer, die sich im Rokokosaal des Kempener Kulturforums zusammengefunden hatten, um dem Walfanghistoriker Klaus Barthelmess bei einem "tranigen Potpourri" zu lauschen. "Zu klein, um ein Walfangboot zu besetzen", meinte Barthelmess. Trotzdem nahm er "seine Mannschaft" mit auf eine spannende Reise rund um Walfische im Rhein und Meeressäuger in der Wirtschafts- und Kulturgeschichte des Rheinlands.

Immer schon haben die großen Meeressäuger die Menschen fasziniert. Im 19. Jahrhundert boomte das Geschäft mit präparierten Walen oder Walresten, die Schausteller von Ort zu Ort fuhren. Klaus Barthelmess sind 240 Fälle von Walausstellungen bekannt, wobei die älteste aus dem Jahre 58 v. Chr. datiert.

Doch bevor neue Präparationstechniken zur Verfügung standen, war das Herumkarren der Walreste, die "erschröcklich und wunderlich" anzusehen waren, eine recht geruchsintensive Angelegenheit. So taucht 1578 in Köln ein Wal auf, der am "Kopf und Stertzstück gestoncken" hat. 1892 machte man Reklame mit "geruchlosen Walfischen", was sogleich im Kölner Karnevalszug glossiert wurde.

Heute noch lassen sich die Wege dieser Zurschaustellungen an 50 Haus-, Straßen- und Gasthausnamen mit Walfischbezug verfolgen. In der Kölner Kirche St. Maria im Capital befinden sich Knochenreste, die auf etwa zehntausend Jahre datiert werden. Köln war auch eine Hochburg der Beinschnitzerei, die dort aus Walrosszahn betrieben wurde. Hier faszinieren liebevoll ausgearbeitete Spielsteine, mit denen man sich früher bei einer Art Backgammon-Spiel vergnügt hat.

Wieder ist es Köln, wo sich der Bogen zum wohl bekanntesten Walfänger schließt. Herman Melville, Vater des sagenumwobenen "Moby Dick", besuchte Köln 1849. Klar, dass deshalb auch der im Jahre 1966 im Rhein gesichtete weiße Potwal auf den gleichen Namen getauft wurde. Der paddelte vier Wochen lang zwischen Emmerich bis Rolandseck hin und her und verursachte so ein frühes "Whale-Watching".

Aber auch dieser hatte schon 1688 einen Vorläufer, der als "wunderliches Wassertier" beschrieben wurde, wobei bis heute nicht klar ist, ob es sich um einen Wal oder eine große Robbe gehandelt hat.

Neusser und Düsseldorfer Walfängern wie den Firmen Rau und Henkel, die eigene Walfangflotten betrieben, verdankt schließlich die Margarine-Industrie am Niederrhein das Walöl, das noch um 1930 mit 60 bis 70Prozent ein wichtiger Bestandteil der Margarine war.

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