Prozess gegen Schwalmtaler: Vergewaltigung oder nicht?

Es war viel Alkohol im Spiel beim Treffen vor der Diskothek. Was dann geschah, darüber gehen die Schilderungen auseinander.

Brüggen/Krefeld. Mit einer handfesten Überraschung endete der Prozess gegen den 22-jährigen Schwalmtaler Matthias T. (alle Namen von der Redaktion geändert). Ihm wird vorgeworfen, am frühen Morgen des 4. Juli die 17-jährige Patricia D. zweimal vergewaltigt zu haben, mehrfach in sie eingedrungen zu sein, ihr mit Schlägen gedroht zu haben, falls sie sich wehre oder jemandem anvertraue. Richter Jochen Grefen setzte das Verfahren aus - demnächst wird vor der Großen Strafkammer des Landgerichts neu verhandelt.

Denn die Staatsanwaltschaft war nach der Aktenlage davon ausgegangen, dass T. die Tat gesteht. Am Ende aber saß man da mit zwei völlig verschiedenen Schilderungen dieser Nachtstunden. Über das Wesentliche besteht Einigkeit: Beide verbrachten den Abend in einer Brüggener Diskothek, tranken reichlich Alkohol.

"Aber nicht so, dass ich gebrochen hätte", hatte Patricia D. in einer Vernehmung zu Protokoll gegeben. Mixgetränke, Cocktails und Wodka habe sie getrunken. Auch T. ist in seinem Umfeld bekannt als jemand, der gerne mal einen ordentlichen Schluck nimmt.

Auf dem Weg zur nahen Bundesstraße ist man sich begegnet, das Mädchen fragte den jungen Mann nach Feuer. Und dann gehen die Schilderungen auseinander. Er habe sie gezwungen, sich rücklings auf ein abgemähtes Feld zu legen und ihr mit Schlägen gedroht, falls sie nicht spure, so die Anklage.

In verschiedenen Stellungen habe sie ihm zu Willen sein müssen. Auf dem Rückweg zur Diskothek habe er ihr noch einmal die Hose herunter gezogen und sei mit den Fingern in sie eingedrungen. Obwohl er gedroht habe, seine Freunde brächten sie und ihre Familie um, wenn sie etwas erzähle, vertraute sie sich einem vorbeikommenden Taxifahrer an.

Aus dem Mund des Angeklagten klingt die Schilderung ganz anders. Es ist anstrengend, ihm zuzuhören, er nuschelt, spricht stockend. "Ich hab’ ihr am Hintern rumgefummelt, sie hat nur gesagt: Nicht hier, nicht hier, da kommen Autos", berichtet er. Mit Sex sei sie einverstanden gewesen, habe ihn sogar "abgeknutscht", ihm erzählt, dass sie schwanger sei, aber abtreiben wolle - und lieber ein Kind von ihm hätte.

Dass er bei der Polizei einräumte, sie habe sich gewehrt und geweint, habe nur daran gelegen, dass der Beamte ihn "zugetextet" habe. "Ich soll gestehen, das Mädchen hätte doch Recht", erinnert er sich. "Da hab ich irgendwann gesagt: Ja, stimmt schon, schreib’ mal auf. Hauptsache, ich komm’ hier raus."

Er ging aber direkt in Untersuchungshaft - wo er nun auch bleiben muss. Denn der Richter setzte das Verfahren aus. Es muss vor der Großen Strafkammer des Landgerichts verhandelt werden. "Ich sehe unsere Strafgewalt erschöpft", begründete der Staatsanwalt diesen Antrag.

Das Schöffengericht könne höchstens eine Strafe von vier Jahren verhängen. Darunter wäre man bei einem Geständnis, das stark strafmildernd wirken würde, weil es dem Opfer die Aussage erspart, auch geblieben. "Aber jetzt könnten wohl über vier Jahre zusammenkommen", resümierte der Staatsanwalt.

"Herr T., haben Sie das verstanden?" fragte der Richter. "Ja, dass ich das sagen soll, damit ich weniger Strafe kriege", antwortete der verwirrt wirkende Angeklagte. "Andererseits können Sie keine Tat gestehen, die Sie nicht begangen haben", belehrte ihn der Richter weiter. T. blieb bei seiner Version, muss sich nun vor dem Landgericht verantworten.

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