Unterwegs in West „West ist nicht übler als Rest“

Ratingen. · Die Bürger in West sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Nirgendwo sonst in Ratingen sind sie toleranter.

 Bei ihr laufen alle Fäden zusammen: Sabine Krebs aus dem Stadtteilbüro.

Bei ihr laufen alle Fäden zusammen: Sabine Krebs aus dem Stadtteilbüro.

Foto: Achim Blazy (abz)

Hochhäuser, Schmuddelecken, Kriminalität – wenn von Ratingen-West die Rede ist, spuken bei vielen Bürgern Vorurteile im Kopf herum. Doch ist das wirklich so?

„Ratingen West ist viel besser als sein Ruf“, entkräftet eine, die es wissen muss: Polizistin Katja Metz. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Christian Oehms ist sie den ganzen Tag im Stadtteil unterwegs. Beide sind relativ neu als Bezirksbeamte fest in West stationiert. „Früher wurden wir gerufen, wenn es Unruhe gab. Im Einsatz begegnen einem die Menschen anders. Jetzt lernen wir West tatsächlich ganz neu kennen“, so Oehms. „Die Menschen sind hier sehr freundlich“, bestätigt Katja Metz. „Viele sind froh, dass es uns gibt. Und rein statistisch ist Ratingen West nicht gefährlicher als andere Stadtteile.“

Einer, der West im Herzen trägt, ist Heiner van Schwamen. „Alles ist nah beeinander, die Menschen sind offen und tolerant.“ Der Lehrer am Bonhoeffer-Gymnasium hat schon unzählige Projekte unterstützt, die die Idenfikation mit dem Stadtteil fördern sollen. Darunter die Zeltzeit, die längst Besucher aus den Nachbarstäten anzieht, oder das Kabarett Westhäkchen. In den 90er Jahren förderten Bund und Land „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf“ wie es damals hieß. In West ist die Geburtsstunde vieler Initiativen.

In den vielen Jahren ist derZusammenhalt gewachsen

Den über viele Jahre gewachsenen Zusammenhalt beobachtet und schätzt Petra Reisgies, Leiterin des Familienzentrums West. „Ich bin seit 1989 hier und habe mich bewusst für den Stadtteil entschieden, weil hier viel in Bewegung ist.“ Freundschaften, die in ihrer Kita geschlossen werden, halten oft jahrzehntelang. „Viele Familien leben über Generationen hier.“

Eine eigene kleine Stadt ist auf dem Abenteuerspielplatz an der Erfurter Straße 20 entstanden. Bei Elena Schulte und ihrem Team können bis zu 150 Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren in eine andere Welt abtauchen. Auf dem rund 3200 Quadratmeter großen Gelände werden nicht nur Bauprojekte verwirklicht. Besonders beliebt sind die Ziegen, bei deren Pflege die Kinder gerne mit anpacken. Im eigenen Garten wird Gemüse gezüchtet, das die Kinder gemeinsam kochen und in geselliger Runde verspeisen. „Die Kinder lernen hier soziale Kompetenz und Dinge wie Zuverlässigkeit, Geschicklichkeit oder Pünktlichkeit“, so Schulte.

Um die Vorurteile gegenüber West abzubauen wünscht sich Schulte Besucher aus den übrigen Stadtteilen. „Wir sind offen für alle.“

Wer mit West Hochhäuser und Beton verbindet, muss sich eines Besseren belehren lassen. Der Stadtteil ist von reichlich Grün umgeben und durchzogen. Der Sandbach bahnt sich seinen Weg und sorgt für einige idyllische Fleckchen, Sportanlagen und Bolzplätze laden zum Freizeitvergnügen. Und am Maximilian Kolbe-Platz wird sogar gemeinschaftlich gegärtnert.

Gisela Scholz hat hir eine kleine Parzelle: „Ich hatte immer einen Garten. Das hat mir gefeht. Ich ziehe hier, Bohnen, Tomaten und Paprika.“ Aber auch die Geselligkeit spielt eine große Rolle. „42 Personen bearbeiten hier ihre Flächen und bilden eine Gemeinschaft“, so Tigsty Asfaw, die das Projekt betreut. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist der Garten gefragter denn je. „Das Interesse an Nachhaltigkeit wächst“, so Asfaw. Wir können hier für Artenvielfalt sorgen und bei dem ein oder anderen sogar das Interesse an einem Beruf im Bereich Gartenbau wecken.“

Ein wenig trister kommt das Einkaufszentrum, das Mosaik, daher. Die Nahversorgung ist gesichert. Aber mehrere leere Schaufenster rufen nach Leben.

Özlen Al-Gariri lebt seit 2007 in West. „Ich habe hier viel Wärme und Freundlichkeit an erfahren und schnell Anschluss gefunden. Viel Unterstützung habe ich im Café Lichtblick erfahren. Egal, was es ist, in West ist immer jemand da, wenn man Hilfe braucht“, sagt der Wahl-Westler zufrieden. Er kann sich nicht beschweren, sagt er.

(Andrea Bindmann )
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