Verbraucher Warum die Abwassergebühren in Krefeld höher als anderswo sind

Krefeld · Eine Studie zeigt: Ein vierköpfiger Musterhaushalt zahlt in Krefeld mehr als in fast allen anderen deutschen Städten.

 Der Bau und die Unterhaltung von Abwasserkanälen kosten viel Geld. Finanziert wird das Ganze von den Bürgern über Gebühren. Deren Berechnung lässt aber viel Spielraum. Das ist ein Grund für die großen Unterschiede.

Der Bau und die Unterhaltung von Abwasserkanälen kosten viel Geld. Finanziert wird das Ganze von den Bürgern über Gebühren. Deren Berechnung lässt aber viel Spielraum. Das ist ein Grund für die großen Unterschiede.

Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Beim Thema Abwassergebühren haben die Krefelder nichts zu lachen. Vergleiche mit anderen Städten zeigen seit etlichen Jahren, dass sie meist mehr zahlen müssen als die Menschen anderswo. Das bestätigt sich im jüngsten Ranking: Die IW Consult GmbH hat im Auftrag des Eigentümerverbandes Haus & Grund Deutschland die Abwassergebühren der 100 größten deutschen Städte verglichen. Mit jährlichen Kosten von 745,40 Euro findet sich der vierköpfige Musterhaushalt in Krefeld abgeschlagen auf Rang 90 wieder. Moers, Wuppertal und Mönchengladbach schneiden allerdings noch schlechter ab.

„Das alles ist bekannt und wird jedes Jahr auf Neue unter anderem von uns angemahnt“, so Michael Heß, Geschäftsführer von Haus & Grund in Krefeld. „Das wirklich Erschreckende ist allerdings, dass fast keine der im Rat der Stadt Krefeld vertretenen Parteien das Thema wirklich angehen möchte. Die vom Oberbürgermeister so maßgeblich vorangetriebene Gründung des Kommunalbetriebs hat hinsichtlich der Gebührenhöhe ganz offensichtlich rein gar nichts bewirkt“, ärgert sich Heß. Es sei „schlicht ein Skandal“, dass die Bürger in Krefeld im Vergleich zu den günstigen Kommunen in Deutschland dreimal so hohe Abwassergebühren zahlen.

Haus & Grund will, dass Gebührenzahler entlastet werden

Tatsächlich ist das Gefälle in der Republik riesig: Ein Musterhaushalt in Worms oder Ludwigsburg zahlt im Jahr weniger als 300 Euro für die Abwasserentsorgung, während es in Mönchengladbach oder Potsdam mehr als 900 Euro sind. Unter den 25 Städten mit den höchsten Gebühren liegen in der Studie 15 in NRW, darunter auch Krefeld.

Michael Heß sieht erhebliche Möglichkeiten, die Krefelder zu entlasten. So sollten Bilanzgewinne aus den Abwassergebühren nicht mehr in den allgemeinen Haushalt fließen. Zudem fordert er, nicht den höheren Wiederbeschaffungswert als Grundlage zur Berechnung der Abschreibungen anzusetzen, sondern wie in der Vergangenheit den wesentlich niedrigeren Anschaffungswert. Und schließlich sollte die Höhe des kalkulatorischen Zinses auf ein marktgerechtes Niveau abgesenkt werden.

Insbesondere der letzte Punkt bietet viel Potential, weil die Abwassergebühren maßgeblich von den kalkulatorischen Zinsen beeinflusst werden. Sie geben an, in welcher Höhe sich das in den Kanälen gebundene Kapital rentieren sollte. Wie der Kommunalbetrieb Krefeld (KBK) auf Anfrage mitteilt, wurde mit folgenden Zinsen gerechnet: 6,37 Prozent (2018), 6,24 Prozent (2019) und 5,56 Prozent (2020). Mit anderen Worten: Stünde das Geld zur freien Verfügung, unterstellt der KBK eine Rendite am Kapitalmarkt, die sehr weit über dem Marktzins liegt. „Erwirtschaften“ müssen diese Rendite die Verbraucher über die Abwassergebühren.

Kalkulatorische Zinsen liegen sehr weit über dem Marktniveau

Auf Nachfrage setzt sich der KBK mit den Vorwürfen von Haus & Grund nicht direkt auseinander. Der Kommunalbetrieb mache weder Gewinne oder Verluste, heißt es. Er finanziere seine Aufgaben aus Gebühreneinnahmen (Abfall, Abwasser, Straßenreinigung, Friedhof) oder erhalte die notwendigen Mittel von der Stadt Krefeld, zum Beispiel für die Grün- und Straßenunterhaltung. Die Gebührensatzung werde jeweils vom Rat der Stadt Krefeld und dem Verwaltungsrat des Kommunalbetriebs in öffentlichen Sitzungen beschlossen.

Richtig ist, dass sich der KBK rechtlich auf sicherem Grund bewegt. Weder die Orientierung am Wiederbeschaffungswert bei den Abschreibungen noch die sehr hohen kalkulatorischen Zinsen sind rechtswidrig. Diese Position haben die Gemeindeprüfungsanstalt und Verwaltungsgerichte mehrfach bestätigt.

Richtig ist aber auch, dass der KBK diese Möglichkeiten zulasten der Bürger nicht ausschöpfen muss. Es gäbe durchaus die Chance zur Absenkung der Gebühren – viele andere Kommunen machen es vor. Dazu fehlt derzeit allerdings der politische Wille. Denn die Mehrheit im Rat hat bisher keine Initiative in diese Richtung erkennen lassen. Daran hat sich durch die Gründung des Kommunalbetriebs vor ein paar Jahren nichts geändert.

Keine Entlastung bringt in dieser Sache auch die Senkung der Mehrwertsteuer in der zweiten Hälfte dieses Jahres, weil auf Gebührenbescheiden vom KBK keine Umsatzsteuer ausgewiesen wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort