Gefährliche Gewässer „Kinder müssen schwimmsicher sein, ein Seepferdchen reicht nicht aus“

Krefeld · Weil der Betrieb von Schwimmbädern eingeschränkt ist, befürchtet die DLRG, dass Menschen und Kinder nun in unbewachte Gewässer ausweichen.

 Lotta hat Glück: ihre Mutter Meike Klüken hat als Lehrerin Schwimmunterricht erteilt und konnte ihrer Tochter das Schwimmen selbst beibringen.

Lotta hat Glück: ihre Mutter Meike Klüken hat als Lehrerin Schwimmunterricht erteilt und konnte ihrer Tochter das Schwimmen selbst beibringen.

Foto: Bischof/Andreas Bischof

Wenn das Wetter schön ist, treibe es den Menschen eben zum Wasser, meint Reiner Wiedenbrück. Und im Rheinland ist davon verhältnismäßig viel vorhanden. Der Rhein, dazu Natur- und Baggerseen, die an heißen Sommertagen eine schnelle Abkühlung und Erholung versprechen. Und damit beginnt schon die Gefahr, wie der Präsident der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) Nordrhein berichtet. Der Verband hat schon immer vor dem Risiko des Badens in unbeaufsichtigten Gewässern gewarnt.

In Zeiten von Corona, wenn Schwimmbäder geschlossen bleiben müssen, stellt sich die Lage noch einmal anders dar. Die Menschen würden dann nach Alternativen suchen. Das ist nicht nur gefährlich für Kinder und Jugendliche, sondern auch für Erwachsene. „Es besteht ein erhebliches Risiko“, sagt Wiedenbrück.

„Flüsse wie Rhein, Ruhr oder Lippe sind hochgradig gefährlich. Schubschiffe erzeugen eine zwei Meter hohe Bugwelle. Kinder spielen am Ufer. Schwupps, sind sie weg“, warnt er. Dazu noch die starke Strömung im Rhein von bis zu 10 km/h. „Das ist auch für gute Schwimmer eine große Herausforderung.“ 27 Ertrunkene hat die DLRG schon in diesem Jahr allein bis Ende Mai im Rhein von Bonn bis Emmerich gezählt.

Gefahr aber lauere auch in künstlichen Seen mit den unterschiedlichen Wassertemperaturen. 20 Grad an der Oberfläche, aber nur vier Grad darunter, erklärt Reiner Wiedenbrück: „Da droht ein Kälteschock. Das wird völlig unterschätzt.“ Immer wieder würde die DLRG warnen. Auch der Präsident des Verbandes Nordrhein empfiehlt, diese Gewässer zu meiden. Doch weiß auch er: „Es ist illusorisch. Die Menschen gehen eben gerne schwimmen. Es sieht immer ungefährlich aus. Dazu denkt man sich: Mir wird schon nichts passieren.“ Wiedenbrück bemüht ein bekanntes Bild: „Wir kämpfen hier mit Windmühlen. Nur auf Einsicht zu setzen, ist schwer.“

Zu Ertrunkenen in Baggerseen liegen dem Präsidenten für dieses Jahr noch keine Zahlen vor. Doch sagt Wiedenbrück vor dem Hintergrund der Corona-Zeit mit all ihren Folgen: „Wir rechnen damit, dass die Zahl der Ertrinkenden deutlich steigen wird.“ Die Schließungen der Hallenbäder haben auch eine Auswirkung auf die Schwimmausbildung. Eine gute Nachricht kommt aus dem Rathaus: „Die Stadt wird auch in Zukunft wieder Schwimmkurse anbieten. Dies erfolgt in Abhängigkeit der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie sowie der Verfügbarkeit der städtischen Lehrschwimmbäder“, sagt Stadtsprecher Manuel Kölker. Derzeit aber würden keine Kurse angeboten, die Nachfrage falle gering aus. Eine Aussage, wann wieder die Hallenbäder zumindest teilweise öffnen könnten, sei derzeit nicht möglich. Die geringe Nachfrage kann die Bürgerstiftung Krefeld nicht bestätigen. In den Sommerferien hat sie in Kooperation mit der Schwimmvereinigung Krefeld (SVK) einen Schwimmkurs angeboten. 20 Kinder zwischen fünf und zehn Jahren haben daran teilgenommen. „Fast wäre der Schwimmkurs wegen der Corona-Pandemie ausgefallen. Kurzfristig gab es dann aber doch viele Anmeldungen, denn der Bedarf an Schwimmkursen ist in Krefeld sehr groß und im letzten halben Jahr konnte kein Schwimmunterricht stattfinden“, erklärt Sigrid Augustin von der Bürgerstiftung.

„Schwimmen ist etwas, das wir alle lernen sollten“, sagt Julia Vogel, Vorsitzende der Schwimmvereinigung Krefeld. Auch sie hat die wachsende Zahl von Nichtschwimmern registriert, die auch die DLRG immer wieder mit Besorgnis anführt. Eine Sorge trieb sie um, als durch Corona alle Bäder schlossen: Dass die Leute nun in fremde Gewässer steigen, ob sie schwimmen können oder nicht. Die Intensivkurse im Verein seien „sehr gut angenommen worden. Die Kinder kriegen Sicherheit“, sagt Vogel: „Man sieht, wie wichtig es ist.“ Derzeit finden Kurse, dazu auch die für die Pfiffikus-Kita und die der Bürgerstiftung, noch im Freibad an der Palmstraße statt.

Ähnlich sieht man es beim SV Bayer Uerdingen, der schon in den Vorjahren die Stadt unterstützend Schwimmkurse anbot und ab Ende August wieder seine Hai-School betreibt. Seit Ende Juni gibt es schon wieder Kurs-Angebote im kleinen Umfang. Viele Anfragen für Intensivkurse lägen vor. Man könne wegen der Höchstzahl an Personen in den Gruppen nicht allen Wünschen gleichzeitig nachkommen, berichtet Club-Sprecherin Katja Spielmann. „Schwimmflügel sind eine trügerische Hilfe“, sagt sie im Hinblick auf den Besuch von fremden Gewässern: „Kinder müssen schwimmsicher sein. Ein Seepferdchen reicht da nicht aus.“ Ihr Rat: zu Hause bleiben, statt zu viel Risiko zu gehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort