Vor den tollen Tagen Wie sicher ist Bützen in Zeiten des Coronavirus?

Düsseldorf · Karneval ist Nähe – aber Nähe ist auch der sicherste Weg zu einer Infektion. Trotzdem warnen Experten eher vor anderen Viren als dem neuen aus China.

 Das Knutschen, aber auch sonstiger enger Kontakt, begünstigt die Verbreitung von Viren.

Das Knutschen, aber auch sonstiger enger Kontakt, begünstigt die Verbreitung von Viren.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

In wenigen Tagen sollen die Jecken im Rheinland sich in die Arme fallen, um den Höhepunkt ihrer fünften Jahreszeit zu feiern. Aber wird dann ab dem kommenden Altweiberdonnerstag, 20. Februar, die Angst vor dem Coronavirus mitschunkeln und -bützen?

„Derzeit beschäftigt uns das Virus noch nicht so stark“, sagt Tanja Holthaus vom Festkomitee Kölner Karneval. Natürlich sollten die Menschen beim Feiern „einfache Hygieneregeln“ befolgen. Holthaus: „Da ist der Umgang mit dem Coronavirus nicht anders als mit anderen Krankheiten, die übertragen werden können. Leider vergessen wir in der aktuellen Diskussion, dass man sich gegen den sehr viel wahrscheinlicheren Fall einer normalen Grippe impfen lassen kann.“ Auch Hans-Peter Suchand vom Comitee Düsseldorfer Carneval glaubt: „Die Grippewelle ist für uns ernster zu nehmen als Corona.“ Und er hoffe, das bleibe auch über die tollen Tage so.

Virologe: Größte Gefahr sind die bereits gängigen Viren

Davon geht Ortwin Adams, Virologe an der Uni Düsseldorf, vorerst aus: „Es zeichnet sich ab, dass das Virus an uns vorbeischrammt. Ich hätte da mehr Angst vor anderen Erregern, die ständig zirkulieren.“ Neben der Grippe etwa Tuberkulose. Die Grippewelle etwa erreiche ihren Höhepunkt stets Ende Februar, Anfang März. „Das fällt jedes Jahr in den rheinischen Karneval. Dass sich Grippeviren da wunderbar ausbreiten können, ist gesetzt“, sagt der Fachmann. Generell gelte für Viren und deren Verbreitung: „Je enger, desto besser“, erklärt Adams. „Das würde auch für das Coronavirus gelten, wenn es sich hier ausgebreitet hätte. Dann hätten wir eine ganz andere Situation.“ Und Flirtwillige warnt der Virologe: Der absolut sicherste Übertragungsweg sei der „Schleimhautkontakt“ – sprich: das Knutschen.

Wer jetzt noch mit dem Gedanken an eine Last-Minute-Impfung spielt, der kann nicht sicher sein, bis zum nächsten Wochenende tatsächlich immun gegen die Influenza zu sein. „Es dauert, bis sich der Schutz aufbaut“, sagt Adams. Und zwar bis zu zwei Wochen. Dennoch rät der Experte, es zu versuchen: „Besser spät als gar nicht geimpft!“

Ähnlich sieht es Monika Baaken vom Hausärzteverband Nordrhein – weiß aber auch, dass es wenig Entlastung für die Praxen bringen wird: „Nach Karneval ist das Wartezimmer immer voller.“ Luftige Kostüme und Alkohol im Blut kühlen den Körper schnell aus, warnt der Verband vor der Grippe-Gefahr. Schlafmangel und Zigaretten könnten das Immunsystem zusätzlich schwächen. Und die Viren fühlten sich in schlecht belüfteten Kneipen, an Gläsern und Flaschen ebenso wie in Menschenmengen am Straßenrand wohl.

Dass die Menschen sich Sorgen um das Coronavirus machen, nimmt Oliver Funken, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Nordrhein, dennoch wahr. Die Information über neue Viren fast in Echtzeit führe „oft zur kurzfristigen Panik bei Patienten“. Vorsichtsmaßnahmen seien aber die gleichen wie bei jedem bekannten Virus: Hände gründlich waschen, nicht ins Gesicht fassen, in die Armbeuge husten und niesen. Wer Grippeanzeichen habe, sollte den Arzt erst telefonisch kontaktieren.

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