Düsseldorf So lernt man, Geländer fliegend zu überwinden

Parkour im Selbstversuch. Sportler zeigen, wie man den Bewegungspark benutzt.

Selbsttest beim Parkouring im Sportpark Garath.

Selbsttest beim Parkouring im Sportpark Garath.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Düsseldorf. Fliegende Menschen, Sportler, die sich scheinbar schwerelos über Stangen und Mauern schwingen, mal eben einen Salto hinterher: einfach bewundernswert. Parkour nennt sich der Sport, Fans aus der Szene, aus Düsseldorf, Köln, Münster, testeten nun den neuen Bewegungspark Garath an der Stettiner/Frankfurter Straße. Absolute Anfänger sind ebenfalls herzlich willkommen, die Geräte sind für jedes Niveau geeignet. Ich will das einmal ausprobieren. Im Gegensatz zu den vielen Kindern, die überall herumklettern, bin ich zunächst etwas ratlos. Wie fange ich als Anfänger überhaupt an?

Einfach Leute anquatschen, fragen, sich was zeigen lassen, wie ich gleich erfahre — das gilt nicht nur für die neugierige Journalistin, sondern ist in der Parkour-Szene ganz normal. Man hilft sich mit Tipps und Tricks, lernt voneinander. Und dann bin ich schon mittendrin: „Wir springen als erstes auf eine Mauer“, sagt Andi, einer der Parkour-Profis. Zeit, mir zu überlegen, ob ich das schwierig finde, bleibt mir nicht. Sofort geht es in die Vorbereitung: Füße hüftbreit aufstellen, in die Knie gehen, dabei die Knie leicht nach außen. Auf der Stelle hüpfen, um zu sehen, wie es sich anfühlt, auf den Fußballen zu landen. Denn so springt man gelenkschonend, wie ich erfahre. Und dann, Luft holen und einfach los.

Die Mauer im Anfängerbereich ist niedrig, ich stehe vielleicht einen halben Meter entfernt — so, dass ich mich noch wohl fühle. Trotzdem kostet es ein bisschen Überwindung. Mindestens drei Sekunden soll ich oben balancieren können, nur auf den Ballen, die Fersen in der Luft. Zuerst kippe ich nach Sekundenbruchteilen zurück. Doch nach ein paar Versuchen gelingt es tatsächlich! Details wie parallele Füße klappen nicht immer, aber ich lande stabil, wieder und wieder. Ein erstes Erfolgserlebnis, juhu! Bei künftigen Sessions kann ich die Abstände vergrößern, mir höhere Mauern suchen. Doch dann geht es schon zur nächsten Station: ein Geländer überspringen.

Mit einer Hand nach der Stange greifen, sich zur Seite lehnen, einen Fuß als zweite Stütze aufs Geländer - und dann mit Schwung rüber. Mit ein wenig Training geht das offenbar schnell sogar nur mit einer Hand, der Körper fliegt. Ob ich das schaffe? Bei den ersten Versuchen fühle ich mich noch etwas unbeholfen — die Bewegungen sind ungewohnt, ich taste mich langsam vor, klettere mehr als zu springen. Doch es ist leichter als gedacht. Ich erhöhe das Tempo, es macht jetzt richtig Spaß, ich springe und springe, fühle mich wieder als wäre ich acht Jahre alt. Und dann traue ich mich — und es klappt, sogar nur mit einer Hand. Ich erlebe eine Ahnung von dem Gefühl, über Hindernisse zu fliegen. Göttlich!

Wann bin ich das letzte Mal balanciert — auf Baumstämmen oder ähnlichem? Ich weiß es nicht. Jetzt gehört es zum Training dazu, ist Voraussetzung für zahlreiche weitere Tricks. Pauline, eine Parkour-Begeisterte aus Köln, zeigt mir die Stellen, an denen ich am besten auf die Stangen komme. Ich falle zwar sofort wieder herunter, aber nach einigen Versuchen stehe ich zumindest an den stabilen Punkten, wo sie über Eck angebracht sind, relativ sicher. Das Weiterbalancieren muss ich allerdings noch ganz fleißig üben. Ich entscheide mich, stattdessen noch etwas Neues auszuprobieren.

Nikolai, der aus der Düsseldorfer Szene kommt, zeigt mir, wie ich in ferner Zukunft einmal aus dem Hangeln an einer Stange auf eine Mauer oder zweite Stange springen kann. Es erinnert mich ein wenig an das Abspringen von einer noch gut schwingenden Schaukel, damals, als Kind. Nur, dass ich jetzt viel Kraft in meinen Armen brauche. Ich hänge, mache mit den Beinen Tempo, lasse los - und bin stolz, auf einem auf dem Boden aufgezeichneten Kreidestrich (einer imaginären Mauer) gelandet zu sein. Doch Nikolai ist noch nicht zufrieden. Er erklärt mir genau die richtige Technik, um später nicht sofort wieder von der Mauer zu fallen. Am wichtigsten ist dabei, die Arme im Schwung zu nutzen, um den Oberkörper und damit das Gewicht sofort nach vorne zu bringen. Lieber nach vorne kippen, statt zurück — das Prinzip, um Verletzungen zu vermeiden. Puh, das ist diesmal richtig schwer.

Auch für meine Lieblingsübung, den Sprung übers Geländer, hat er noch Varianten und Tipps parat, beispielsweise zwischen den Händen durchhocken, oder den anderen Fuß zuerst nehmen, stark zur Seite gelehnt oder aufrechter fliegen. Ich kann nur staunen. Es gibt im Anfängerbereich noch viel, was ich üben kann. Eines ist aber deutlich geworden: Der Bewegungspark bietet deutlich mehr, als die Stangen und Mauern zunächst glauben lassen. Turnende Kinder haben genauso ihren Spaß wie Jugendliche — und Erwachsene, die Spaß am Turnen haben. Einfach kommen, die Sportler vor Ort anquatschen, die des Öfteren vorbeischauen wollen, und los geht‘s.

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