Sie erkämpften sich ihre Karrieren

Eine Ausstellung in der Universitäts- und Landesbibliothek nimmt starke Frauen in einer von Männern dominierten Welt in den Blick.

Sie erkämpften sich ihre Karrieren
Foto: HHU Düsseldorf

„Den Frauen fallen deshalb die Haare nicht aus, weil sie noch nie den Inhalt ihres Kopfes benutzt haben.“ Was heutzutage vermutlich allenfalls als Witz in sozialen Netzwerken oder per Whatsapp die Runde machen und viele zum Schmunzeln bringen wü de, meinte Aristoteles seinerzeit tatsächlich ernst. Und damit stand der große Philosoph nicht allein da. Sogar noch bis ins 20. Jahrhundert hinein waren Frauen, bis wenige auf Ausnahmen, nicht einmal voll geschäftsfähig. Und der Besuch einer Universität? Der war Frauen erst ab dem Jahr 1909 in ganz Deutschland erlaubt. Wie sich starke Frauen in den Jahren danach an der Heinrich-Heine-Universität eine Karriere regelrecht erkämpften und wie es mittlerweile um die Gleichstellung in der akademischen Welt steht, damit befasst sich eine Ausstellung in der Universitäts- und Landesbibliothek anlässlich des Weltfrauentages.

Sie erkämpften sich ihre Karrieren
Foto: Universitätsarchiv Düsseldorf

Eines vorneweg: Den Inhalt ihres Kopfes haben die in der Ausstellung vorgestellten Protagonistinnen zweifellos regelmäßig und ausgiebig genutzt. Und nicht nur das: Sie hatten auch genug Köpfchen, um sich in einer bis dahin völlig von Männern dominierten Welt durchzusetzen und zu behaupten.

Beispiel Selma Meyer: Sie war die erste Frau, die 1922 an der damaligen Medizinischen Akademie Düsseldorf habilitierte. Gerade mal zwei Jahre, nachdem der preußische Wissenschaftsminister die Habitilation von Frauen überhaupt erst zugelassen hatte. Selma Meyer war Expertin für Kinderheilkunde und die erste habilitierte Frau im Bereich Pädiatrie, die zwei im Bereich Medizin überhaupt. Für ihre These zur so genannten Haffkrankheit erntete die 1881 in Essen geborene Medizinerin erst einmal jede Menge Spott und Ablehnung aus der Männerwelt. Schließlich mussten ihre männliche Kollegen dann aber doch zugeben, dass Selma Meyer richtig lag. 1927 wurde sie zur außerordentlichen Professorin ernannt. Im Nationalsozialismus wurde der aus einer jüdischen Familie stammenden Frau dann aber die Lehrerlaubnis entzogen. Sie ging nach England und später in die USA, wo sie bis zu ihrem Tod 1958 eine kinderärztliche Praxis betrieb.

Oder Beispiel Anneliese Englhardt: Sie war im Dezember 1965 die erste Frau, die an der Universität Düsseldorf habilitierte - gerade, nachdem aus der Medizinischen Akademie die Universität geworden war. Die Medizinerin wurde von ihren männlichen Kollegen für ihre Forschungsleistung und besonders für den sicheren Umgang mit den Methoden der klinisch-chemischen Forschung sehr gelobt. Der Entwurf ihrer Ernennungsurkunde ist Teil der Ausstellung in der Universitäts- und Landesbibliothek.

Zu entdecken gibt es auf Schautafeln und in Vitrinen aber noch eine ganze Menge mehr : Weitere Beispiele starker Frauen an der Universität, ein Blick in frühere Zeiten bis hin zur Zeit von Aristoteles oder auch einen Überblick über die Entwicklung der mit Frauen besetzten Professuren an der Düsseldorfer Uni. Im Jahr 1968 wurde hier die erste Frau zur Professorin ernannt. 1990 waren bereits sieben von 263 Professoren-Stellen von Frauen besetzt, 2016 waren es 61 von 231.

Eine relativ konstante Aufwärtsbewegung für die Akademikerinnen also, genug zu tun für die Aktiven der Gleichstellungsbewegung gibt es aber dennoch allemal. Auch darüber informiert die Tafelausstellung.

Seit 1989 ist die Gleichstellung von Frauen an der Heinrich-Heine-Universität per Grundordnung festgeschrieben, im Jahr 2009 wurde dazu ein spezielles Konzept entwickelt. Spezielle Coachings und Programme sollen Frauen unterstützen. Mit Erfolg: Während 2009 noch 23 Prozent der Habilitanten an der Universität weiblich waren,waren 2013 schon 35 Prozent Frauen.

Auch heute gibt es an der Heinrich-Heine-Universität noch zahlreiche, ganz unterschiedliche Angebote zur Qualifizierung und Mentoring-Programme für den weiblichen Nachwuchs in der Wissenschaft. Eines dieser Programme ist nach Selma Meyer benannt. Einer Frau mit Köpfchen.

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