Schumannfest in der Tonhalle: Höhen und Tiefen beim Festivalstart

Das Moskauer Orchester enttäuscht. Dafür glänzen Igor Levit und Vesselina Kasarova beim Auftakt des Festes in der Tonhalle.

Schumannfest in der Tonhalle: Höhen und Tiefen beim Festivalstart
Foto: Borggreve/Felix Broede

Düsseldorf. Das Glück kann so einfach sein und kommt doch eher selten zum Zuge: Zu den raren Paradiesmomenten gehörte beim Eröffnungskonzert des Schumannfestes in der Tonhalle eine Zugabe. Der russische, in Deutschland lebende Pianist Igor Levit spielte den immerhin zehnminütigen, langsamen Finalsatz aus Robert Schumanns Fantasie C-Dur op. 17. Philosophischer, sensibler und schattierungsreicher lässt sich diese lyrische Musik wohl gar nicht darbieten.

Schumannfest in der Tonhalle: Höhen und Tiefen beim Festivalstart
Foto: Borggreve/Felix Broede

Dem argwöhnischen Hörer schien diese vergleichsweise lange Zugabe wie eine demonstrative Rehabilitierung Schumanns im Anschluss an ein musikalisches Malheur: Levit war offiziell Solist in Schumanns Konzert für Klavier und Orchester a-Moll. Und er interpretierte seinen Part auch ausgesprochen subtil und technisch souverän. Nur leider focht er den Kampf ums musikalisch Schöne gewissermaßen alleine. Denn das Orchester, das ebenfalls auf dem Podium vorhanden war, spulte Schumanns Orchesterpart so uninspiriert und beiläufig ab, dass von einem gestalterischen Miteinander nichts vernehmbar wurde.

Tschaikowsky Symphonieorchester Moskau heißt der Klangkörper, den die Festivalleitung mit der Darbietung des Auftaktkonzertes betraute — gelinde gesagt: kein Glücksgriff. Unter der Leitung des russischen Dirigenten Vladimir Fedoseyev (81) musizierten die Moskauer grobkörnig und holzschnittartig. Das Spektrum an Klangnuancen genügt gewiss dem Schmettern von Nationalhymnen, doch tiefer gehende Symphonik bedarf denn doch einer differenzierteren Herangehensweise.

Nach der Pause gab es noch Russisches in französischer Gewandung: Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ in der Orchesterfassung von Maurice Ravel. Den monumentalen Schlusssatz, „Das große Tor von Kiew“, spielte das Orchester mit dem dazu passenden Pomp. Doch die Feinheiten vieler anderer Passagen kamen kaum zum Vorschein.

Einen Tag nach dem durchwachsenen Eröffnungskonzert gab es in der Tonhalle wieder Wohlklang in Reinkultur, und zwar in der Gestalt eines Liederabends mit der weltberühmten bulgarischen Mezzosopranistin Vesselina Kasarova. Für ihre große, warme Stimme mit dem farbenreichen Timbre genießt sie international Bewunderung. Gemeinsam mit ihrem häufigen Begleiter, dem englischen Pianisten Charles Spencer, bot sie Lieder von Schumann, Brahms, Rachmaninow und Tschaikowsky. Kasarovas Aussprache beim Singen ist zwar nicht besonders textverständlich, dafür gelingt es ihr, durch einen hoch emotionalen und klanglich äußerst nuancenreichen Vortrag auf musikalische Weise auszudrücken, worum es geht. Die Gefühlsübermittlung der Musik kennt ja bekanntlich keine Sprachbarrieren. Und auf diesem Gebiet besitzt die vor allem als Opernheldin bekannte Sängerin ihre enormen Stärken.

Besonders ergreifend gelingt ihr das in den vor Liebestrunkenheit oder Liebeskummer überquellenden Liedern, etwa Johannes Brahms’ „Von ewiger Liebe“, Schumanns „Stillen Tränen“ oder Tschaikowskys Übertragung von Goethes „Nur wer die Sehnsucht kennt“. Charles Spencers verwandelt derweil das Klavier fast in ein Orchester. Er begleitet nicht nur, er unterlegt der Sängerin einen fliegenden Teppich.

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