Das magische Gesicht der Primadonna

Im Düsseldorfer K 21 zeigt die Kunstsammlung die großen Porträtserien der Katharina Sieverding aus dem Museumsbesitz.

Das magische Gesicht der Primadonna
Foto: Karl Mettig

Düsseldorf. Katharina Sieverding (69) ist die Grande Dame der Fotokunst. In den 1960er Jahren saß die Studentin von Joseph Beuys in der Automatenkabine und ließ sich ablichten. Ihr beliebtester Photomaton stand im Lover’s Club an der Kö, wo die junge Frau zugleich kellnerte. Ihren Durchbruch aber hatte sie, als sie sich Stirn, Nasenbein und Backenknochen mit Goldstaub betupfte und das Gesicht vom Blitzlicht zum Strahlen brachte. Oder als sie in der „Transformer“-Serie die Gesichter übereinanderschichtete und mit Blaufilter hinterlegte. Auch 40 bis 45 Jahre nach ihrer Entstehung üben diese Bilder eine magische Wirkung aus, wie die Schau „Mal d’archive“ im K 21 beweist.

Das magische Gesicht der Primadonna
Foto: Karl Mettig

Die Sieverding hatte ihren Einstieg am Theater unter Regisseuren wie Kortner und Gründgens. Auch heute noch spielt sie ihre Rolle, wenn sie zur Vernissage mit roter Brille, Handschuhen und tief ausgeschnittener Jacke auftaucht. Die radikale Kehrtwende vom Theater zur bildenden Kunst kam mit den Studentenprotesten und dem Tod von Benno Ohnesorg. Die Künstlerin wollte nun nicht theatralischer, sondern politischer werden. Der „Stauffenberg-Block“ mit seinen 16 großformatigen Fotoarbeiten von 1969 ist der beste Beleg dafür. „Heute ist Snowden der Hochverräter, damals war es Stauffenberg“, sagt sie.

Das magische Gesicht der Primadonna
Foto: Karl Mettig

Der hingerichtete Widerstandskämpfer Stauffenberg wurde zu ihrem Vorbild, aber nicht zum Abbild. Ihr neues Rollenverständnis einer Frau als Mitkämpferin und Mitstreiterin bestimmt seitdem ihre Kunst. „Als ich mein Porträt transformierte, bin ich von Stauffenberg nicht mehr losgekommen. Das war reine Intuition“, meint sie.

Es interessiert sie allein der Vorgang, wie Licht und Materie zusammentreffen und den Gegenstand verwandeln. So zieht sie Farbbilder schwarz-weiß ab, damit die Konturen verwischen. Bearbeitet sie die Fotos mit Streulicht, vibriert die Haut. Man vermutet in ihr die Feministin. Ihre „Transformer“-Serie spricht vom Gegenteil. Sie sagt: „Jeder Mensch hat beide Geschlechter in sich.“

Hinter der blauen Maske lugt das Alter Ego hervor. Das Gesicht schaut den Betrachter mit doppelten Augen an.

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