Kinder- und Jugendtheater Es gibt mehr Fragen als Antworten

Düsseldorf · Batelaans „Die Geschichte von der Geschichte“ mit dem Ensemble Artemis feiert im Schauspielhaus beim Festival „Theater der Welt“ Deutschlandpremiere.

 Eine Szene aus dem Theaterstück „Die Geschichte von der Geschichte“.

Eine Szene aus dem Theaterstück „Die Geschichte von der Geschichte“.

Foto: Kurt van der Elst

Batelaans Stücke sind immer für eine Überraschung gut und lassen das Publikum mit mehr Fragen zurück, als es Antworten finden könnte. Doch genau dafür lieben ihn vor allem seine jungen Zuschauer, denn der Niederländer nimmt sie ernst und setzt neue Maßstäbe für das Kinder- und Jugendtheater.

Anders als es der Titel des Stücks vermuten lässt, erzählt Batelaan keine klassische Geschichte, vielmehr sind es kleine Episoden, die parallel ablaufen. Einziges verbindendes Element ist die Bühne, doch einen roten Faden gibt es nicht. Das Stück mäandert durch die Szenerie, in der ein Grüppchen in schrägen Kostümen scheinbar sinnlose Handlungen ausführt, während sich immer wieder geometrische Elemente durchs Bild bewegen. Da wird geklappert, gehämmert und geraschelt. Seltsam gekleidete Figuren angeln von der Bühne nach Taschen aus dem Publikum. Das Ganze kommt eine gute Viertelstunde lang ohne jeden Dialog aus. Bis eine sonore Stimme aus dem Off beginnt, die Geschichte der Geschichte zu erzählen, nur um immer wieder dabei unterbrochen zu werden.

Etwa durch einen überlebensgroßen sprechenden Papp-Ronaldo, der plötzlich aus den Kulissen auftaucht und sich mit Donald Trump oder Beyoncé unterhält. Batelaan legt den drei Papp-Figuren Dialoge eines Familienausflugs in die Münder, spielt dabei mit Geschlechterrollen und scheinbarem Familienidyll. Lässt seine Protagonisten auch einfach mal aneinander vorbeireden und Papp-Trump auf dem Kopf stehen.

Wie das alles zusammenpasst? Gar nicht. Es sind die Wendungen dieses irrwitzigen Bühnenspektakels und die Fragen nach dem „was sehe ich da?“ und „was soll das?“, die das Publikum honoriert.

Ein Jahr musste Jetse Batelaan coronabedingt warten, bis er den Preis des Internationalen Theaterinstituts im Anschluss an die Deutschlandpremiere für seine Arbeit überreicht bekam. Gerührt und bescheiden nahm er die Auszeichnung entgegen. Große Worte sind seine Sache ebenso wenig wie Erklärungen, was genau er da auf die Bühne bringt.

Für ihn zählt nur die Überlegung: Was würde Kindern im Theater gefallen, was würden sie sehen wollen, was nicht?

Dabei bricht er die starren Regeln, was Kinder- und Jugendtheater sein soll, auf, um Raum für Interpretation zu schaffen. So können auch die Erwachsenen im Publikum ihre eigenen Fragen aus dem Gesehenen ableiten, wie zum Beispiel: Darf der das? Darf er eine Ikone des Fußballs, Donald Trump, Beyoncé Knowles und Kim Jong Un als Papp-Kameraden auf die Theaterbühne bringen und ihnen schräge Dialoge in die Münder legen? Die Zuschauer sagten ja, denn da die „Geschichte von der Geschichte“ ganz ohne Erklärungen auskommt, kann jeder das in dem Stück sehen, was er sehen möchte.

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