Bürgerbegehren gegen den Kö-Bogen

Protest: 13 600 müssen gegen den Verkauf des Jan-Wellem-Platzesunterschreiben.

Düsseldorf. Aus dem Protest gegen das Großprojekt Kö-Bogen ist nun ein Bürgerbegehren geworden: Gestern Nachmittag begann unter dem Titel "Der Jan-Wellem-Platz gehört uns allen" ebendort die Sammlung von Unterschriften. Rund 13 600 (drei Prozent der Wahlberechtigten) müssen zusammenkommen. Bis wann, ist offen - denn einen formellen Ratsbeschluss zum Verkauf des Grundstücks gibt es noch gar nicht.

Zur Formulierung der Frage, die zu einem Bürgerentscheid führen soll, haben die Initiatoren um Adolf Nitsch, den Vorsitzenden des Vereins für Denkmalpflege, Ex-SPD-Chefin Brigitte Speth und Stadtplaner Jörg Forßmann, Juristen bemüht. Entsprechend Sperriges ist herausgekommen: "Soll das Grundstück Jan-Wellem-Platz in unbeschränktem Eigentum und unmittelbarem Besitz der Stadt Düsseldorf verbleiben?" lautet die Kurzversion. "Wir müssen uns gezielt gegen den Grundstücksverkauf wenden, damit das Bürgerbegehren zulässig ist", erklärt Speth.

Ob das die Bürger auf die Barrikaden treibt, bleibt abzuwarten. Schließlich bietet der Jan-Wellem-Platz seit langem ein trostloses Bild, deutliche Veränderungen wünschen sich auch die "Bürgerbegehrer". Sie sind freilich sicher, das Quorum von 13 600 Unterschriften locker zu erreichen. Mit Flyern, Info-Veranstaltungen und -Ständen wollen sie klar machen, dass es darum geht, das ganze Projekt Kö-Bogen, wie es OB Erwin will, zu stoppen. "Die bisherigen Pläne der Stadt sind Stückwerk, es gibt kein vernünftiges Gesamtkonzept für das Herzstück der Stadt", wettert Forßmann. Anstatt den Jan-Wellem-Platz für zwei klobige Riesenbauten an die Trinkaus-Bank zu verscherbeln, müsste eine Planung mit städtebaulichem Wettbewerb und Bürgerbeteiligung dafür sorgen, die öffentliche Aufenthaltsqualität zwischen Schadowstraße, Berliner Allee und Hofgarten zu erhöhen.

Strategisch fußt das Bürgerbegehren auf den Unterstützern aus dem Forum Kö-Bogen und den drei Parteien SPD, Grüne und Linke. Was die Initiatoren selbst genau wollen, bleibt nebulös. Forßmann: "Es ist nicht unsere Aufgabe, detaillierte Alternativpläne zu erstellen."

In Düsseldorf sind Bürgerbegehren keine Rarität mehr. Victoria-Erweiterung: Hier kämpft eine Bürgerinitiative seit Monaten gegen den Erweiterungsbau der Victoria am Golzheimer Friedhof. Im September erklärte der Stadtrat mit der Mehrheit von CDU und FDP zwar ein Bürgerbegehren für unzulässig. Doch die Initiative gibt nicht auf, legte Widerspruch ein und setzt nun darauf, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung hat, bis er rechtlich geklärt ist. Stadtwerke-Verkauf: Das bislang einzige erfolgreiche Bürgerbegehren samt Bürgerentscheid erfolgte im Mai 2001: Der von OB Erwin CDU und FDP avisierte Mehrheitsverkauf der Stadtwerke an EnBW fiel beim Volk mit Pauken und Trompeten durch. Doch die Freude der Stadtwerker währte nur vier Jahre. Ende 2005 trickste sie Erwin aus, er zog die "Put-Optionen" und verkaufte doch noch die Anteilsmehrheit der Stadt an EnBW. Dagegen war kein Bürgerbegehren mehr möglich. "Unvollendete" Bürgerbegehren:

Der Bürger ist bei Politikern vor allem vor Wahlen beliebt. Da werden ihm Geschenke gemacht, es häufen sich die Einweihungen und Eröffnungen. Natürlich gibt es auch viele Versprechungen für die Zeit nach dem Urnengang, an dem doch bitte das Kreuzchen an der richtigen Stelle gemacht wird. Zwischen den Wahlen hingegen möge sich der Bürger bitte - außer dem Applaus bei Eröffnungen und Eröffnungen - mit Meinungsäußerungen zurückhalten. Vor allem Bürgerbegehren sind verzichtbar, denn die stören das politische Geschäft nur. Die Beispiele für diese Doktrin reichen in in Düsseldorf vom Kampf gegen Gleise an der Münsterstraße bis hin zur Victoria-Erweiterung. Der Bürgerwille wurde und wird am Ende auf dem juristischen Seziertisch zerstückelt - bis als Produkt die Demokratieverdrossenheit übrigbleibt.

Das ungeliebte Kapitel "Bürgerbeteiligung" wird nun fortgesetzt. Der Kö-Bogen - im Kern der Kritiker ist das nur die Bebauung des Jan-Wellem-Platzes - gerät ins Visier. Hinter der Initiative stecken engagierte Bürger aus dem Denkmalschutz, aber natürlich viele Aktive aus der Ratsopposition oder deren Umfeld. Alle sind gegen Erwin und die CDU.

Diese Zuspitzung ist schade, denn tatsächlich ist der Kö-Bogen ein Baustein zur Neuerfindung der Düsseldorfer Innenstadt mit einer besseren Schadowstraße, einem größeren Hofgarten und dem Verschwinden des Schandflecks Wellem-Platz. Der Widerstand ist jedoch deswegen so groß, weil das Planverfahren nur scheinbar transparent und fachlich unangreifbar war. Eine Fassadenschau im Info-Zelt ersetzt keinen Architektenwettbewerb, die Baumasse wirkt zu groß. Zudem droht die komplizierte neue Ausschreibungspflicht das Projekt zu verzögern. Die Riesen-Chance Kö-Bogen verkommt so zum Zankapfel - nun ist die Frage, wie lange die Trinkaus-Bank als Investor im Boot bleibt. Springt sie ab, werden die Karten ohnehin neu gemischt.

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