Genuss Das Wiess ist nach Köln zurückgekehrt

Wie wurde bei Gaffel das alte Wiess wieder neu entdeckt?

 Thomas Deloy ist der Marketingchef der Kölner Privatbrauerei Gaffel, die jetzt das Wiess zurückgeholt hat.

Thomas Deloy ist der Marketingchef der Kölner Privatbrauerei Gaffel, die jetzt das Wiess zurückgeholt hat.

Foto: Gaffel

Thomas Deloy: Wir haben eine kleine Versuchsanlage, auf der wir immer wieder neue Bierprodukte ausprobieren können. Das war zum Beispiel bei Viking Kölsch der Fall, wo wir mit den dänischen Craftbeer-Spezialisten von Mikkeller zusammengearbeitet haben. Aktuell wächst der Craftbeer-Markt nicht mehr, dafür stehen jetzt leichte und natürtrübe Landbiere sowie Helle hoch im Kurs, da sie sehr süffig und mild sind. Das gilt auch für unser Wiess, das einen optimale Ergänzung zum feinherben Gaffel Kölsch darstellt. Wir haben uns als Marktführer in der rheinischen Gastronomie entschieden, das Bier exklusiv in der Gastronomie ausschenken zu lassen. Im März standen wir schon in den Startlöchern und dann kam Corona. So sind wir jetzt zur Wiederöffnung am 11. Mai mit unserem Wiess auf den Markt gekommen.

Wiess ist ein Bier, das in Köln früher eine große Bedeutung hatte.

Deloy: Im 18. und 19. Jahrhundert gab es kein Kölsch, da man das obergärige Bier noch nicht filtrieren konnte. Das war erst ab 1900 möglich. Dafür gab es das naturtrübe Wiess, das wir jetzt zurückgeholt haben. Dafür wurde extra ein Bierkrug entwickelt, der mit seiner zylindrischen Form an die Kölschstange erinnert. Das historische Rezept haben wir sanft in die Neuzeit überführt. Es wird aktuell in 170 Kneipen, Restaurants und Brauhäusern ausgeschenkt und die Resonanz auf unser Wiess ist fantastisch. Gerade jetzt, wo die Außengastronomieflächen vergrößert werden und Pop-up-Biergärten angesagt sind, passt so ein mildes Bier.

Wird es das Wiess dann nur im Sommer geben?

Deloy: Nein, das Wiess wird es in den Restaurants, Kneipen und Brauhäusern ganzjährig geben. Auch unser Sonnenhopfen werden wir als Flaschenbier weiter im Angebot haben. Das richtet sich mit seiner besonderen Hopfennote vor allem an die Craftbeer-Fans.

Ist man im Rheinland inzwischen offener für neue Biere geworden?

Deloy: Wir haben derzeit eine sehr offene Kultur sowohl im Handel als auch bei der Gastronomie. Die Leute suchen nach Spezialitäten. Zunächst waren das vor allem die Crafbeer-Varianten, jetzt sind milde Biersorten angesagt. Die Zeit, in der man sich ein Leben lang nur zu einer Biersorte bekannt hat, ist vorbei. Natürlich ist Kölsch bei vielen noch der Favorit. Aber auch Individualität ist angesagt. Regionale Spezialitäten gewinnen wieder ihre Fans. Da geht es auch in Zeiten von Corona um die kurzen Lieferwege und um die Unterstützung der eigenen Stadt oder Region und der vor Ort ansässigen Unternehmen. Auch da passt das von einer Privatbrauerei Gaffel hergestellte Wiess sehr gut, weil es den Zeitgeist trifft und weil es seine Wurzeln in der Geschichte der Stadt hat.

Wie fällt die Bilanz nach der Wiedereröffnung im Mai bislang aus?

Deloy: Da haben wir ein sehr heterogenes Bild, da wir in der Gastronomie sehr unterschiedliche Objekte haben. Die Clubs und Diskos sind derzeit noch geschlossen, während die Brauhäuser und Kneipen im Veedel wieder sehr gut laufen. Die Altstadt ist dagegen noch ziemlich leer, weil noch die Touristen und Messegäste fehlen. Dazu kommt, dass es kaum Veranstaltungen gibt und noch viele Menschen im Homeoffice arbeiten. Es gibt zwei Gruppen von Menschen: die einen wollen möglichst schnell zur Normalität zurück und gehen auch gerne wieder raus. Die anderen haben noch Angst und Respekt – sie halten sich derzeit noch zurück. Was gut ankommt, ist das Essen im Brauhaus oder Restaurant, weil man so auch mal wieder eine andere Küche genießen kann und das Kölsche Gefühl und Miteinander erlebt.

Die ersten Veranstaltungen laufen gerade wieder an und im Herbst soll es wieder Messen geben.

Deloy: Die Hotellerie und Gastronomie freut sich hier über jeden Schritt, der etwas Normalität zurückbringt. Die Veranstaltungen, die jetzt zum Beispiel wieder am Tanzbrunnen laufen, tun jedem in Köln gut. Das Autokino ist gut angekommen, jetzt wollen aber viele wieder ihre Bands direkt auf der Bühne sehen.

Wie wichtig ist es, jetzt die Gastronomie zu unterstützen?

Deloy: Gaffel ist mit mehr als 3000 Objekten der Marktführer in der Gastronomie. Dahinter steckt auch eine Verpflichtung. Wir haben unsere Partner von der ersten Sekunde nach dem Shutdown unterstützt, standen als Ansprechpartner zur Verfügung und haben unter anderem mit unserem Newsletter immer wieder aktuelle Informationen zur Verfügung gestellt. Es gab auch Aktionen wie die Patenschaft für ein Fass, der Vorverkauf für den späteren Kneipenbesuch. Wir haben versucht, individuell zu helfen, das gilt für digitale Kommunikationsmaßnahmen genauso wie für Banner, mit denen man die Gäste nach der Wiedereröffnung vor Ort begrüßen kann. Bis hin zur technischen Unterstützung, indem unser Service Team die Thekentechnik wieder fit gemacht hat.

Wie wichtig ist der internationale Markt für Gaffel?

Deloy: Kölsch ist mild und süffig und kommt aus einer positiv aufgeladenen Stadt wie Köln. Zudem kommt das Gesamtpaket mit speziellen Gläsern, dem Kranz, dem Köbes und dem Bierdeckel auf dem Glas in vielen Ländern gut an. Wir haben in den USA gerade einen neuen Exporteur für unser Amerikageschäft gefunden. In Skandinavien haben wir mit Mikkeller einen guten Partner. In Kopenhagen gab es zunächst Bier im Kölsch-Style. Da haben wir angeboten, das Bier gemeinsam in Köln für Dänemark zu brauen, damit man es auch Kölsch nennen darf. Das ist bei den Dänen gut angekommen. Unabhängig davon liefern wir Gaffel Kölsch in viele Urlaubsdestinationen der Rheinländer.

Eine Erfolgsgeschichte sind auch die Fassbrause und die Spirituosen.

Deloy: Dafür sind wir jeden Tag dankbar, die Fassbrause ist eine wunderbare Ergänzung für unser Getränkeangebot. Es ist ein junges, sowohl bei Frauen und Männern beliebtes Getränk, das alkoholfrei auch bei großer Hitze gerne getrunken wird. Mit den sechs verschiedenen Spirituosen haben wir Digestives, Apparatives und Partygetränke im Programm. Wir haben uns in den vergangenen Jahren so vom Monoprodukt zum Portfolioanbieter am Markt entwickelt. Da gilt für den Handel genauso wie für die Gastronomie.

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