Notenhefte? Nicht in Krefeld!

In der Stadt räumt mit StartMusic das letzte Geschäft mit breitem Angebot das Feld.

Krefeld. „Räumungsverkauf! Alles muss raus! Bis zu 50 Prozent reduziert!“ Solche Plakate in den Schaufenstern künden meist vom Ende einer Geschäftsidee. Jüngstes Beispiel: das Musikgeschäft „StartMusic“ auf dem Ostwall. Der Laden gehört zu einer Kette, die online Musikinstrumente vertreibt und Geschäfte in vielen deutschen Städten unterhält. Inzwischen läuft das Insolvenzeröffnungsverfahren. Einige Geschäfte sind bereits geschlossen. Am Firmensitz in Münster hieß es, dass noch 15 Geschäfte geöffnet haben. Noch preist der Verkäufer die Gitarre als „echt geiles Teil“ an. Doch die Zukunft für die Angestellten nicht nur am Ostwall ist ungewiss.

In Krefeld ist damit eine Ära zu Ende. Ralph Schürmanns, Leiter der Musikschule der Stadt Krefeld, bedauert, dass es in der Stadt künftig kein Geschäft mehr gibt, in dem man verschiedene Instrumente, Zubehör und Noten kaufen kann: „Wir haben dann keinen breitgefächerten Fachhandel mehr!“ Mit „großer Trauer“ habe er 2013 zur Kenntnis genommen, dass Helene Fischer ihr Musikhaus am Südwall schließen werde: „Fischer hatte nicht nur ein großes Angebot an Instrumenten, sondern vor allem auch eine Rieseauswahl an Noten für alle Instrumente.“ Mit dem Angebot hatte Fischer schon damals eine Alleinstellung.

Auch Schürmanns ist klar, dass das Einkaufen im Internet den Fachgeschäften den Rang abläuft. Der Preis sei jedoch nur die eine Seite der Medaille: „Klar, wenn sie als Fachhändler zehn Sätze Violin-Saiten vorhalten und die vielleicht in ein oder zwei Jahren verkaufen können, rentiert sich das nicht.“

Der große Vorteil der Fachgeschäfte sei einfach die Beratung durch fachkundiges Personal gewesen. „Im Internet können sie nur blind kaufen“, so Schürmanns. Bei verschiedenen Instrumenten sei es wichtig, sie in die Hand zu nehmen und spielen zu können, bevor man sie kauft.

Wohl dem, der in Krefeld ein Streicher ist! Denn der findet mit Andreas Nonn in der Innenstadt noch einen echten Geigenbaumeister. Der baut und restauriert Geigen, bietet aber auch Klangeinstellungen von Geigen, Bratschen und Celli an.

Spezialisiert ist auch das Unternehmen „Maus & Hain“, das sein Ladenlokal ebenfalls auf dem Ostwall hat: Rolf Maus verkauft hier Klaviere, Flügel, Digitalpianos und Gitarren. Ein sehr wichtiges Standbein für ihn ist allerdings der Service: „Wenn jemand ein Problem hat, bin ich in spätestens 48 Stunden bei ihm“, sagt Maus. Die Kunden wollten ihr Klavier vor Ort erwerben. Spricht’s und blättert in seinem Kundenbuch: Meerbusch, Nettetal, Willich, Sprockhövel, Duisburg, Kempen, die Landeshauptstadt Düsseldorf und sogar Kürten. Letzteres liege im Sauerland, berichtet Maus stolz. Über 50 Prozent der Kunden komme aus dem Umland und nicht aus Krefeld.

Rolf Maus bedauert, dass es in einer Stadt wie Krefeld nicht möglich sei, dass ein inhabergeführtes Musikhaus mit breitgefächertem Angebot überlebe. „StartMusic“ habe es versucht - und sei offenbar gescheitert.

Ein Blick zurück in Wehmut: „Als ich 1986 hier angefangen habe, gab es noch sechs Musikgeschäfte.“ Maus beginnt zu zählen, erwähnt unter anderem „Kreyer“ auf der Hochstraße, und muss die Zahl dann am Ende sogar noch auf acht Geschäfte nach oben korrigieren. Vielleicht hat er sogar noch das ein oder andere Musikgeschäft vergessen, das auf der Strecke blieb.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort