Krefeld als Box-Kaderschmiede

Box-Legende Max Schmeling begann seine Karriere hier. Trainer Manfred Faber möchte die Tradition fortsetzen.

Krefeld. Die meisten Krefelder kennen die glorreiche Fußball-Vergangenheit ihrer Stadt. Doch kaum einer weiß, dass Krefeld von den 1920er bis zu den 1970er Jahren ein bedeutendes Zentrum des Boxsports war.

Der Krefelder Boxclub, gegründet 1920, war eine Kaderschmiede, die viele national und international erfolgreiche Kämpfer hervorbrachte. Der bekannteste unter ihnen ist der Jahrhundertsportler Max Schmeling. Er begann seine Karriere als 18-jähriger Amateur auf Krefelder Boden und blieb der Stadt bis zu seinem Tod 2005 verbunden.

"Die Rheinlandhalle und die Stadthalle an der St.-Anton-Straße waren vor dem Zweiten Weltkrieg regelmäßig Austragungsorte von Boxkämpfen, zusätzlich stand am Nauenweg ein Freiluftring", sagt Manni Faber, Inhaber des South Side Boxing Gyms an der Tannenstraße und seit 22 Jahren Box-Trainer.

"Damals waren die Auflagen noch sehr locker, deshalb wurde auch in vielen Kneipen wie dem Steineck an der Steinstraße und in Krefelds Hinterhöfen geboxt. Und immer wenn es einen Kampf gab, war die Hütte voll." Der Grund: Der Fernseher war noch nicht erfunden, beziehungsweise noch nicht weit verbreitet. "Die Leute lechzten nach Unterhaltung."

Und die bekamen sie geboten. Neben Schmeling, ein gebürtiger Hamburger Junge, erboxten sich viele Krefelder einen Namen - und häufig auch mindestens einen Titel:

Franz Krüppel, mit dem Schmeling eine tiefe Freundschaft verband und der 1925 Deutscher Meister wurde; Hans Schönrath, der regelmäßig als Sparringspartner für den Jahrhundertsportler in den Ring stieg und 1930 den deutschen Meistertitel holte; Heinz Sachs, der aus Dresden nach Krefeld kam und sowohl bei den Amateuren als auch bei den Profis die deutsche Meisterschaft gewann - sie alle sind nur einige Beispiele für die Kaderschmiede des Boxclubs.

Auch Burghard Lembke brachte es zu einiger Berühmtheit - "als dickster Krefelder Profi, den es je gab", sagt Faber.

Der 48-Jährige, der die Boxhandschuhe schon vor einigen Jahren an den Nagel gehängt hat, besitzt einen Schatz, in dem dieser Teil der Geschichte genau dokumentiert ist: Über der Theke im South Side Boxing Gym stehen mehrere Ordner mit alten Fotos und Dokumenten, ein ganzer Karton mit weiterem Material muss noch einsortiert werden.

"Josef Rixen, ein Krefelder Journalist und Box-Fan, hat mir das alles überlassen", berichtet Faber. "Er tauchte hier irgendwann nach der Wiederbelebung des Vereins 1997 einfach auf und mit der Zeit ist eine Freundschaft zwischen uns entstanden."

Faber hat als Kind viele Kämpfe in Krefeld gesehen. Mit sechs Jahren stand er das erste Mal selber im Ring. "Ich bin in den Sport reingewachsen", sagt er.

"Mein Opa hat bereits geboxt und fast alle meine Cousins, irgendwie scheint das in unseren Genen zu liegen." Und vielleicht auch ein bisschen an der Umgebung: Aufgewachsen ist Faber in Viersen-Rahser, "ein ziemlich heißes Pflaster", wie er sagt.

Dass Boxen auch einen Reiz auf zwielichtige Gestalten ausübt, dessen ist sich Faber bewusst. Deswegen verlangt er neben einem ärztlichen Attest auch ein polizeiliches Führungszeugnis von den Neuankömmlingen.

"Ich bilde keine Straßenschläger aus, sondern Sportler mit Biss und Disziplin", sagt er. "Boxen ist die Sportart mit der höchsten Intensität, sie erfordert Kraft, Kondition, Konzentration, Schnelligkeit und Geschicklichkeit - heute noch genauso wie vor 90 Jahren."

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