Micky Damm - der Ortesucher

Junge Kreative: Ab heute stellt die WZ in einer Serie junge Menschen vor, die künstlerisch herausragen. Ein Architekt macht den Anfang.

Düsseldorf. Sie sind jung, kreativ, leidenschaftlich - und noch unbekannt. Aber auf dem besten Weg, von sich reden zu machen. Junge Menschen mit einer besonderen Begabung fürs Ballett, dem untrüglichen Blick für Gestaltung, einem hochsensiblen Sinn für Musik und einem unendlichen Vorrat an Verwandlungsmöglichkeiten können eine Stadt reicher machen. Der 26-jährige Student der Kunstakademie Micky Damm ist schon mittendrin im künstlerischen Auftrieb. Seine Geschichte geht so:

Karl-Heinz Petzinka wundert sich über den Besuch und nimmt den jungen Mann beiseite. Was er beim Kolloquium der Baukunst-Studenten zu suchen habe, will er wissen. Und als er feststellt, dass der ungebetene Gast nicht nur etwas zu sagen, sondern auch etliches zu zeigen hat, wird der Architekt, Kunstakademieprofessor und Stadttor-Erbauer Petzinka neugierig auf den Fachhochschul-Absolventen Micky Damm, in dessen Mappe er ein Wohnhaus entdeckt, das er selbst gebaut und Damm besprüht hat. Die Beiden reden eine Stunde lang miteinander, und als sie auseinander gehen, duzen sie sich. Am nächsten Tag ruft Karl-Heinz Micky an und sagt: "Du musst bei uns anfangen."

Seit damals, seit 2008, ist Damm an der Kunstakademie, und weil ihn der Schnittpunkt von Freier Kunst und Architektur über die Maßen interessiert, wählt er auch einen extremen Ausbildungsweg. Der 26-Jährige studiert sowohl Baukunst bei Petzinka und Laurids Ortner als auch Bildhauerei bei Hubert Kiecol.

"Dabei war ich damals gar nicht gut auf Herrn Petzinka zu sprechen", sagt Damm. Er hatte 2007 mit FH-Kommilitonen die Architektengruppe n222 gegründet und sich dem Wettbewerb um einen Depotneubau auf dem Gelände Zeche Zollverein gestellt. Doch der Entwurf kam nicht durch. Chef der Jury war zu diesem Zeitpunkt ausgerechnet Petzinka, dessen Meisterschüler Damm heute ist.

Über damals haben sie inzwischen gesprochen. Zu unaufregend seien die Pläne gewesen, sagt Petzinka und bringt damit ein Qualitätskriterium ins Spiel, das für seinen Studenten ebenso maßgeblich ist wie das erklärte Ziel, die Menschen mit seinen Arbeiten zu erfreuen. "Ökologisches Bauen empfinde ich nicht als Herausforderung", sagt Damm. "Das müssen wir als Architekten ohnehin leisten."

Ihn interessiert die Dreidimensionalität, das Wirken im öffentlichen Raum. "Eine Baulücke zu füllen, macht Spaß; sich zu überlegen, wie eine künstlerische Arbeit als Haus aussehen kann." Im Kleinen hat er dies bereits umgesetzt, hat so genannte Waldpunkte im Forst des Grafen von Spee im Düsseldorfer Norden gesetzt, indem er einen fünf Meter hohen Stapel Baumstämme farbig gestaltete. "Ich habe beim Gartenamt eine Mappe eingereicht, um zu zeigen, dass ich keinen Unsinn mache."

In einem nächsten Schritt entwarf er, diesmal war es eine Aufgabe der Akademie, ein Kloster für sechs Nonnen. Als Hauptmaterial wählte er Holz, entwarf Holzzellen, Holzbetten, Holzwände. Das Tageslicht ließ Damm durch die Zwischenräume einzelner Holzelemente einströmen. Ort des Geschehens: eine Baulücke zwischen zwei Häusern auf der Ulmenstraße in Derendorf. Ein schönes Spiel, gebaut wurde das Kloster bislang nicht.

Der 26-Jährige ist ein Experimentierer. Und ein Ortesucher. Er spürt in Düsseldorf unbebaute Gebiete auf und entwickelt dort im Geiste Wohnprojekte. Auf stillgelegten Zugstrecken der Deutschen Bahn zum Beispiel, die im Sommer zu einer wilden, grünen Landschaft werden. Dorthin hat er auch schon seinen Lehrer Karl-Heinz Petzinka geführt. Solche Orte gibt er nur einem auserwählten Kreis preis.

Immer kreativ, aber möglichst nicht unwillkürlich. Er hat einen Blick entwickelt für das, was die anderen links liegen lassen und schöpft daraus Ideen vieler art - immer im Schnittfeld von Stadtleben, Stadtentwicklung, Architektur und Kunst

Einmal sammelt er mit seiner Gruppe n222 nachts alles Laub an der Rheinuferpromenade oberhalb der Kasematten ein, türmt es zwischen zwei großen Platanen auf und rahmt den ganzen Blätterhaufen mit Frischhaltefolie ein. Die Arbeit der Awista ist damit erledigt.

Ein anderes Mal baut er vor einem Lichtenbroicher Supermarkt einen Kreis aus Einkaufswagen und beobachtet vom Dach aus, was geschieht. "Eine Viertelstunde lang rührte niemand den Kreis an. Dann traute sich der Erste, stellte den Wagen nach dem Einkauf aber in die Lücke zurück. Das war amüsant anzusehen."

Humor spielt für den 26-Jährigen eine große Rolle. "Vor allem darf man sich selbst nicht zu ernst nehmen." Seine Arbeit hingegen versteht er als Kampf. "Als Kampf, der Spaß macht." In zwei Jahren beendet Damm sein Studium. Ein konkretes Projekt als Architekt und Künstler hat er nicht vor Augen. "Man kann fast überall etwas machen, es darf nur nie die pure Langeweile sein."

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