Wulffs Vorsprung vor Gauck schwindet

FDP in Sachsen will für den rot-grünen Kandidaten stimmen. Gauck stellte sich am Freitag im Düsseldorfer Landtag vor.

Düsseldorf. Die Mehrheit für den schwarz-gelben Präsidentschaftskandidaten Christian Wulff schrumpft. Am Freitag kündigten Sachsens FDP-Partei- und Fraktionschef Holger Zastrow und dessen Generalsekretär Torsten Herbst an, Joachim Gauck zu unterstützen.

Damit stimmen in der Bundesversammlung am 30. Juni alle drei liberalen Wahlmänner des Freistaates für den Kandidaten von Rot-Grün. FDP-Landtagsabgeordneter Tino Günther hatte bereits am Mittwoch klargestellt, dass er Gauck wählen wird.

Auch wenn zudem ein Bremer FDP-Politiker für Gauck stimmen will, kann Wulff dennoch auf eine Mehrheit hoffen. Die Länder mussten bis Donnerstagabend ihre Wahlleute benennen. Dabei haben Union und FDP mit 644 Sitzen 21 Stimmen mehr als für die absolute Mehrheit erforderlich - zumindest rein rechnerisch gesehen. Sachsens früherer Regierungschef Kurt Biedenkopf (CDU) hatte CDU-Chefin Angela Merkel aufgefordert, den eigenen Wahlleuten eine freie Abstimmung zu ermöglichen, war aber auf Ablehnung gestoßen.

Gauck besuchte am Freitag den Düsseldorfer Landtag, um sich den Wahlmännern und -frauen vorzustellen. Nach zweistündiger Sitzung waren ihm die Stimmen von Grünen und SPD sicher. Die Vertreter von SPD und Grünen schienen regelrecht euphorisiert. Gauck habe Visionen, sagte SPD-Landeschefin Hannelore Kraft. Ein Mann, der Impulse geben könne und werde. "Wir haben eine sehr gute Wahl getroffen."

Grünen-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann sprach von einem "Labsal für den politischen Diskurs". Gauck habe ein "Feuer entfacht im Sinne von Freiheit und Demokratie". Seine Rhetorik wurde gelobt, wie auch seine Fähigkeit, Dinge klar anzusprechen.

Gaucks Hauptthema in Düsseldorf war der Freiheitsgedanke: Er sei froh, mit seiner Botschaft "auf offene Ohren, Herzen und offenen Verstand" gestoßen zu sein. Er verstehe Freiheit nicht im Sinne von Sicherheit, wie es mehr und mehr gesehen werde. "Es geht vielmehr darum, Verantwortung zu übernehmen."

"Gauck hat es richtig gemacht, denn er hat betont, dass es nicht darum geht, wer recht hat, sondern um den Diskurs", sagt SPD-Wahlmann Dietmar Bell, im Hinblick auf die Anwesenheit einiger Vertreter der Linken, die für die Wahl Gaucks eine entscheidende Rolle spielen könnten.

Ihre Fragen seien ernst genommen worden. "So wurden sachliche Gespräche geführt, aber auch Differenzen klargestellt." Gauck stellte fest: "Ich bin auf Menschen getroffen, die nicht auf Konfrontation aus waren, sondern sachliche Fragen gestellt haben."

Einzig Bärbel Beuermann (Linke) zeigte sich offen unzufrieden: Gauck habe sich nicht genügend zum Thema Abschiebe-Haft geäußert. Ihre Partei unterstütze auch in einem zweiten Wahlgang die eigene Kandidatin. "Das ist hier kein ,Gesinnungs-Tüv’", ereifert sich Löhrmann. Es gehe darum, gesellschaftliche Impulse zu geben.

CDU und FDP waren der Veranstaltung geschlossen ferngeblieben, was allgemein für Unverständnis sorgte. "Wenn sich Christian Wulff in Düsseldorf vorstellen würde, wäre es für mich als SPD-Wahlmann eine Selbstverständlichkeit, mir seine Meinung anzuhören", sagte Bell. Doch dazu wird es nicht kommen. Wegen Termin-Problemen hatte Wulff den Besuch in Düsseldorf abgesagt.

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