Analyse : Acht Lehren aus der Europa-Wahl
Der grüne Erfolg als deutsches Phänomen, die Schwäche der FDP im Erfolg der europäischen Liberalen – und kein Rechtsruck: Was von der Wahl übrig bleibt.
1. Der grüne Erfolg ist zuerst ein grüner Erfolg in Deutschland. Von der Umwelthilfe forcierte Diesel-Debatten, die Friday-for-Future-Bewegung und der nachhallende Rezo-Aufschlag sind Marksteine auf dem Weg für den Wahlerfolg der Grünen, deren ursprünglichster Markenkern der personifizierte Zeitgeist ist - in Deutschland. Im EU-Ausland ist das weniger der Fall. In Schweden zum Beispiel, in dem Land, in dem die Klimaaktivistin Greta Thunberg zu Hause ist, haben die Grünen 3,8 Prozentpunkte verloren – und kommen nur noch auf 11,4 Prozent.
2. Wer jung ist, wählt grün, CDU und SPD werden fast nur noch von Älteren gewählt. Heißt: Das Ende der Volksparteien beginnen die Grünen als neue Volkspartei der Jugend. Denn bei den Wählern unter 30 sind die Grünen in Deutschland so stark wie Union, SPD und FDP zusammen. Selbst in der Altersklasse U-60 liegt die Partei noch vorne. Union und SPD sehen dagegen alt aus. Darauf künftig mit panischen Klimakonzepten zu reagieren und womöglich zu kopieren, könnte gleich der nächste Fehler sein.
3. Der Rechtsruck ist ausgeblieben. 173 von 751 Sitzen im Parlament werden von rechtspopulistischen und nationalistischen Fraktionen besetzt, das sind nur 18 Sitze mehr als zuvor. Von der apostrophierten Schicksalswahl mit 50:50-Charakter sind wir also weit entfernt. Was beweist, dass die Stimmen der Rechtspopulisten zwar stets laut sind, aber doch nicht in Breite gehört werden. Zwar sind etwa in Frankreich, Italien und Großbritannien rechtspopulistische Parteien stärkste Kräfte, das Vorhaben, zusammen das Parlament zu bestimmen, scheitert aber an schwachen Ergebnissen etwa in Deutschland, Österreich oder den Niederlanden.